x86-Server stehen zur Disposition

IBM und Lenovo: Warum der Server-Deal richtig wäre

Die lange kolportierte Übernahme von IBMs x86-Server-Sparte durch Lenovo ist vorerst geplatzt. Dabei hätten beide Hersteller von dem Deal profitiert.

Schon seit einigen Monaten flammten immer wieder Gerüchte auf, IBM wolle seine x86-Server-Sparte an Lenovo verkaufen. Am 19. April 2013 verdichteten sich die Informationen über einen bevorstehenden Deal und es wurden sogar konkrete Summen bekannt. So berichtete Bloomberg von einem Verkaufspreis, der zwischen 2,5 und 4,5 Milliarden US-Dollar liegen solle. Andere Quellen gingen von weit höheren Summen aus. Doch am 1. Mai 2013 berichtete das Magazin Fortune, dass der Mega-Deal vorerst gescheitert sei, da sich die Parteien nicht über die Kaufsumme hätten einigen können. Weder IBM noch Lenovo gaben dazu einen Kommentar ab. So bleibt es offen, ob die Parteien wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren werden. Betrachtet man die Fakten, die die Grundlage für die Verhandlungen gewesen sein dürften, wird schnell deutlich, dass beide Seiten von dem Deal profitiert hätten. Der TecChannel hat die wichtigsten Informationen zusammengetragen.

IBM-Chefin Ginni Rometty ist schon seit Längerem unzufrieden mit der finanziellen Performance der Server-Sparte. Im Visier stand dabei immer das System-x-Server-Geschäft. Genaue Profit-Zahlen veröffentlicht IBM nicht. Es wird jedoch schon länger spekuliert, dass der Hersteller vor allem mit Commodity-Produkten wie Ein- und Zwei-Wege-Tower- und Rack-Servern mit x86-Technologie jedes Quartal viele Millionen Dollar verliert. In seiner mehr als hundertjährigen Geschichte hat sich IBM immer wieder von unprofitablen Geschäftseinheiten getrennt. Im Jahr 2002 verkaufte der Konzern beispielsweise seine Festplattensparte an Hitachi. 2005 ging die milliardenschwere PC-Sparte an Lenovo.

Das IBM-System-x-Business insgesamt erwirtschaftete im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 5,6 Milliarden Dollar. Nach Schätzungen von Gartner wäre das etwas mehr als ein Drittel der gesamten System-Verkäufe, die etwa 15,6 Milliarden Dollar in die Kasse spülen. Dabei ist indes zu beachten, dass der Umsatz der System-x-Sparte seit Langem rückläufig ist. Insofern würde der Deal sehr gut in die Gesamtstrategie der IBM-Führung passen.

Lenovos Server-Geschäft ist in jüngster Zeit schnell gewachsen. Der chinesische Hersteller fährt eine aggressive Expansionsstrategie und will vor allem in den Vereinigten Staaten und Europa Boden gutmachen. Mit IBMs System-x-Sparte gewönne das Unternehmen auch den zugehörigen Channel und die Marke und würde damit auf einen Schlag zum drittgrößten Server-Hersteller der Welt aufsteigen. IBM andererseits möchte Zugang zu chinesischen Provinzen und Staaten, um seine Smarter-Planet-Beratungsleistungen und zugehörige Big-Data-Plattformen anbieten zu können. Der Server-Verkauf könnte IBM vieles auf diesem Weg erleichtern.

IBM werde vorerst an der Weiterentwicklung seiner Power-CPUs (Unix/Linux-Server) sowie an den System-z-Prozessoren (Großrechner) festhalten, spekuliert der CPU-Experte Timothy Prikett Morgan. Dazu gehöre auch der Umstieg auf eine Strukturbreite von 22 Nanometern und der damit verbundene Fertigungsprozess. Auf lange Sicht aber, so Morgan, wird sich IBM dies aber nicht mehr leisten wollen. Jeder Sprung auf eine kleinere Strukturbreite koste den Hersteller Milliarden von Dollar; deshalb sei es unwahrscheinlich, dass IBM den Wechsel auf einen 14- oder gar 10 Nanometer-Fertigungsprozess aus eigener Kraft stemmen wolle. Lenovo dagegen könnte diese Aufgaben als Partner in Zukunft womöglich übernehmen.

Lenovo hat seine Server-Sparte am 30. September 2008 ins Leben gerufen. Unter dem Label "ThinkServer" begann der chinesische Hersteller mit vier Systemen. Besucht man heute die Lenovo-Server-Webseite, entsteht der Eindruck, als habe sich in den vergangenen fünf Jahren nichts geändert. Im Lenovo-Portfolio finden sich heute wie damals nur einige Tower- und Rack-Server. Richtig "große" Unternehmenslösungen bietet Lenovo nicht an. So ist es nicht verwunderlich, dass der Hersteller auch nicht zu den Top-Sechs der weltweiten Server-Anbieter gehört. Laut aktuellen IDC-Analysen tummeln sich auf den ersten drei Plätzen IBM (35,6 Prozent), HP (24,8 Prozent) und Dell (15,1 Prozent) mit jeweils zweistelligen Marktanteilen. Dahinter folgen in einem respektablen Abstand die Mitbewerber Oracle (4,1 Prozent), Fujitsu (3,4 Prozent) und Cisco (3,3 Prozent).