Meinung zum Cloud-Marktplatz

Warum ich (noch) nicht an die Deutsche Börse Cloud Exchange glaube

Nach einem globalen Paukenschlag ist es medial wieder sehr ruhig um den Cloud-Marktplatz "Deutsche Börse Cloud Exchange" (DBCE) geworden.

Immer wieder werde ich auf den Cloud-Marktplatz DBCE angesprochen, der Ambitionen hat, den Infrastructure-as-a-Service (IaaS-)Markt zu revolutionieren. Meist geht es um eine Einschätzung des Marktpotentials und der Zukunft der Plattform. Zusammenfassend komme ich ständig zur selben Aussage: Gemessen an der heutigen Situation glaube ich noch nicht an die DBCE und räume ihr wenig Marktpotential ein. Warum das so ist? Weiterlesen.

Zwei Geschäftsmodelle

Zunächst sehe ich in der DBCE zwei Geschäftsmodelle. Das eine wird 2014 zur Realität: Der Marktplatz für das Angebot und die Nachfrage von virtuellen Infrastruktur-Ressourcen (Rechenleistung und Speicherplatz), die von Anwendern für den realen Einsatz (Applikationsbetrieb, Daten speichern) genutzt werden sollen. Beim zweiten Geschäftsmodell handelt es sich noch um Zukunftsmusik. Der Handel von virtuellen Ressourcen, wie man es von den Futures kennt. Denn sind wir ehrlich: Was ist es, was eine Börse wirklich kann? Ihre eigentliche Aufgabe? Ihr Kerngeschäft? Den Transfer von kritischen Infrastrukturressourcen und Workloads organisieren und überwachen? Nein. Die Börse kann den Preis von virtuellen Gütern bestimmen und damit handeln lassen. Der IaaS-Marktplatz ist nur der Vorbote, um den Markt an dieses Handelsgeschäft heranzuführen und das dafür notwendige Angebot und die Nachfrage zusammenzubringen.

Anbieter und Anwender

Für einen Marktplatz werden grundsätzlich zwei Parteien benötigt. Die Anbieter und die Nachfrager, in diesem Fall die Anwender. Um die Anbieter wird sich der DBCE wenig Gedanken machen müssen. Ist der finanzielle, organisatorische und technische Aufwand relativ gering, wird die Angebotsseite relativ schnell Ressourcen zu bieten haben. Die Problematik besteht auf der Seite der Nachfrager. Ich habe mich hierzu mit Reuven Cohen unterhalten, der mit SpotCloud im Jahr 2010 den ersten weltweiten IaaS-Marktplatz veröffentlicht hat. In der Spitze hatte SpotCloud 3.200 Anbieter (!) und 100.000 Server weltweit verwaltet. Die Nachfrageseite viel eher bescheiden aus. Auch wenn Reuven im Jahr 2010 damit viel zu früh dran war, mache ich noch heute fünf Themen dafür verantwortlich, die auch die DBCE hemmen werden: Das Vertrauen, die Psychologie, die Use Cases, die Technik (APIs) und das Management.

Vertrauen und Psychologie

Die Idee hinter dem DBCE klingt theoretisch klasse. Aber warum ist die DBCE nun tatsächlich vertrauenswürdiger als andere IaaS-Marktplätze? Genießt eine Börse weiterhin das Vertrauen, für das sie als Institution steht bzw. stehen sollte? Hinzu kommt, dass IT-Entscheider ganz anders ticken. Der Großteil der Unternehmen ist weiterhin mit der Public Cloud überfordert und hat Angst, die IT und Daten aus der Hand zu geben. Es gibt einen guten Grund, warum die Zahlen von Crisp Research zeigen, dass in Deutschland im Jahr 2013 nur etwa 210 Millionen Euro für Public Infrastructure-as-a-Service (IaaS) ausgegeben wurde. Hingegen lagen die Investitionen für Private Cloud Infrastrukturen bei 2,3 Milliarden Euro.

Das unterstreicht auch eine Forrester Studie, die besagt: "From [...] over 2,300 IT hardware buyers, [...] about 55% plan to build an internal private cloud within the next 12 months." Daran wird auch ein unabhängiger Marktplatz nichts ändern. Im Gegenteil, selbst wenn die DBCE für mehr Transparenz sorgen soll, schafft sie eine weitere Komplexitätsebene zwischen den Anwendern und den Anbietern, die von den Anwendern erst einmal verstanden und adaptiert werden muss. Das spiegelt sich auch in den Use Cases bzw. Workloads wieder, die darauf laufen sollen.