Windows 10 Mobile

Continuum und Universal Apps als Game Changer?

Mit Windows 10 Mobile und den neuen Smartphones Lumia 950 und Lumia 950 XL startet Microsoft einen neuen Versuch, den Bann von Android und iOS zu brechen. Zumindest im Business-Umfeld bestehen insbesondere wegen des Gesamtkonzepts um Continuum und Universal Apps gute Chancen.

Eines der faszinierendsten Features von Microsofts neuem Smartphone-Betriebssystem Windows 10 Mobile ist Continuum. Die Funktion verwandelt ein Windows-10-Smartphone in Verbindung mit einem Bildschirm (via HDMI oder Miracast) in einen Desktop-PC. Dabei wird aber nicht einfach der Screen des Smartphones in vergrößerter Form auf dem Bildschirm gespiegelt, vielmehr handelt es sich dabei um eine richtige Windows-10-Umgebung, die mit Maus und Tastatur bedient werden kann.

Wie auf einer Demo gezeigt wurde, läuft dies parallel zur Sitzung auf dem Smartphone ab. Es ist lediglich nicht möglich, eine App gleichzeitig in Mobile und Desktop-Version zu öffnen. Zudem gibt es noch zwei weitere Haken: Aktuell bringen nur die neuen Highend-Smartphones Lumia 950 und Lumia 950 XL die Hardwareanforderungen (Prozessor und Arbeitsspeicher) mit, um Continuum zu unterstützen.

Spezielle Universal-Apps erforderlich

Außerdem funktioniert der Trick nicht mit Win32-Anwendungen, sondern erfordert spezielle Universal-Apps, die so programmiert sind, dass sie je nach Gerät in verschiedenen Formaten (PC, Tablet, Smartphone, Xbox One…) laufen. Dazu gehören aber immerhin bereits die gängigen Office-Apps, so dass es auf Dienstreisen schon bald möglich ist, ohne Tablet und Notebook Dokumente oder Powerpoint-Vorträge zu bearbeiten - es genügen ein Display-Dock oder ein ähnlicher HDMI-Adapter und natürlich der Fernseher im Hotelzimmer.

Konvergenz - der heilige Mobility-Gral?

Die Idee, ein Smartphone als universelle Rechenzentrale für verschiedene Geräte oder Bildschirmgrößen zu nutzen, hatten schon viele Hersteller: Bereits 2011 stellte Motorola mit dem Atrix 4G ein Android-Smartphone vor, das sich in Verbindung mit speziellem Zubehör als Netbook mit Linux-Desktop (Laptop-Dock) oder zusammen mit einem Bildschirm als Linux-Rechner oder Multimedia-Konsole (HD Multimedia Dock) verwenden lässt. (2142856). Das mehrfach prämierte Gerät entwickelte sich jedoch als Flop, weil sich die damaligen Android-Apps nicht für die Darstellung im Desktop-Betrieb einigten und die Linux-Oberfläche in punkto Produktivität nicht an Windows herankam.

Ein anderes Konzept präsentierte ein Jahr später Asus auf dem MWC mit dem Padfone. Bei dem Hybridgerät handelt es sich um ein Smartphone mit Android 4.0 (Ice Cream Sandwich), das sich über eine Klappe in der Rückseite in eine Tablet-artige Dockingstation (10 Zoll Display-Größe) einsetzen lässt, ähnlich wie bei Kassettenrecordern. Zusätzlich kann man auch bei diesem Device dann auch die von der Transformer-Reihe bekannte Tastatur-Erweiterung anstecken und hat somit ein vollwertiges Notebook - wenn auch mit Android-Betriebssystem.

3-in-1-Gerät: Das Asus Padfone mit Station und Tastatur
3-in-1-Gerät: Das Asus Padfone mit Station und Tastatur
Foto: Asus

Bislang einem Erfolg im Wege standen indes der hohe Preis (für immerhin zwei Geräte) sowie Gewicht und Formfaktor - was Asus allerdings nicht hindert, weitere Padfone-Modelle auf den Markt zu bringen.

Betriebssystemseitig arbeitet der Linux-Spezialist Canonical seit einer halben Ewigkeit an einer angestrebten Konvergenz zwischen den verschiedenen Geräteplattformen Smartphone, Tablet und Desktop. Inzwischen kann die neue Oberfläche Unity8 mit dem Display-Server Mir bereits auf Standard-Desktops getestet werden. Voraussetzung für ein System, das nach Anschluss von Monitor, Tastatur und Maus in den Desktop-Modus wechselt, ist allerdings ein deutlich besser bestücktes Smartphone wie die bislang mit Partnern vorgestellten Geräte Aquaris E5 Ubuntu Edition und Meizu MX4 Ubuntu Edition. Nachdem der Termin mehrmals verschoben wurde, könnte ein solches Gerät nun 2016 herauskommen.

Noch nicht fertig: Ubuntu Convergence
Noch nicht fertig: Ubuntu Convergence
Foto: Canonical

Programmieraufwand und -kosten senken

Im Enterprise-Umfeld spielen beim Thema Konvergenz natürlich andere Aspekte eine größere Rolle, als die Möglichkeit, das eine oder andere Endgerät auf Dienstreisen zu Hause zu lassen oder gar komplett einzusparen. So könnte die Möglichkeit, Universal-Apps zu bauen, die auf Windows 10 und Windows 10 Mobile laufen, Entwicklungsaufwand und -kosten deutlich reduzieren. Gerade Unternehmen, die jetzt ihre Mobility-Strategie für die nächsten drei bis vier Jahre planten, sähen hier Windows in einer guten Position, so Oliver Klünter, Product Manager Mobile bei Matrix42, im CW-Gespräch.

Ein weiterer Punkt sei, dass die gemeinsame Basis von Windows 10 und Windows 10 Mobile es Admins erleichtere, sämtliche Geräte im Unternehmen mit einer zentralen Oberfläche zu verwalten. Der Trend gehe zum Unified-Endpoint-Management, betont der Matrix42-Manager.

Klünter sieht aktuell viele Projekte, wo iOS und Windows 10 Mobile gemeinsam zum Einsatz kommen. Insgesamt entfielen auf iOS allein entfielen bei Matrix42 aber immer noch 70 bis 80 Prozent.