Microsoft-Geschäftsführer van Heijst

"Windows XP - es gibt keinen Weg zurück"

Das Supportende für Windows XP kommt unausweichlich, sagt Floris van Heijst, verantwortlich für den Bereich Mittelstand & Partner in der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland. Im TecChannel-Interview erklärt er auch, wie sich das Geschäft mit Cloud-Produkten wie Office 365 im Mittelstand entwickelt.

Welche Bedeutung hat das Geschäft mit kleinen und mittelständischen Unternehmen für Microsoft Deutschland?

Van Heijst: Lokale Umsatzzahlen veröffentlichen wir nicht. Die Relationen sind aber weltweit ähnlich. Etwa ein Drittel des Geschäfts kommt in der Regel von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die Wachstumsraten sind hier höher als im Behörden- oder Großkundensegment.

Eine Umfrage unter den Lesern des TecChannel hat ergeben, dass rund 30 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen noch immer Windows XP nutzen. Was sagen Sie zu solchen Zahlen?

Van Heijst: Nach unseren Informationen liegt der Anteil in Deutschland über alle Unternehmensgrößen hinweg bei 16 Prozent. In den KMUs, wo es längere Update-Zyklen gibt, dürfte der Wert deutlich höher ausfallen. Wir sehen uns da natürlich in der Verantwortung. Aber das Thema ist ja alles andere als neu. Wir haben XP viel länger unterstützt als irgendein anderes großes Release. Nach 16 Jahren können wir das einfach nicht mehr leisten. Und das hat gar nicht so sehr mit der damit verbundenen Arbeit zu tun. Es gibt schlicht und ergreifend technische Beschränkungen, die es uns unmöglich machen, so ein System etwa auf das Niveau von Windows 8 zu heben. Wir haben das Supportende frühzeitig angekündigt und machen nach wie vor interessante Angebote, um Unternehmen bei der Umstellung zu helfen. Aber am Ende muss jedem klar sein: Es gibt keinen Weg zurück.

Microsofts Mittelstandschef van Heijst: "Der Kunde soll sich schrittweise in die Cloud bewegen und dabei sein eigenes Tempo gehen."
Microsofts Mittelstandschef van Heijst: "Der Kunde soll sich schrittweise in die Cloud bewegen und dabei sein eigenes Tempo gehen."
Foto: Microsoft

Nach einer aktuellen TecChannel-Erhebung nutzt lediglich ein Drittel der kleinen und mittelständischen Unternehmen hierzulande Cloud-Services. Wie ist die Akzeptanz unter Ihren Kunden?

Van Heijst: Die Frage ist doch immer, wie Cloud Computing definiert wird. Haben die Unternehmen, die vorgeblich keine Cloud-Services nutzen, tatsächlich keine Blackberrys im Einsatz? Arbeiten sie nie mit Skype? Man muss da genau hinsehen. Die allermeisten Firmen nutzen das Internet und ein oder zwei Cloud-Services. Auf Cloud Computing als echte Deployment-Plattform setzen deutlich weniger. Viele Unternehmen arbeiten mit einer hybriden Landschaft. Sie setzen beispielsweise auf einen lokalen Hoster für zentrale IT-Dienste, nutzen aber parallel noch einige Cloud-Services für bestimmte Bereiche. Aus unserer Sicht geht es deshalb nicht um die Frage: Ist es Cloud oder nicht? Wir sagen vielmehr: Der Kunde soll sich schrittweise mit bestimmten Workloads in die Cloud bewegen und dabei sein eigenes Tempo gehen. Wir unterstützen ihn mit unseren Angeboten.

Office 365 ist jetzt drei Jahre auf dem Markt. Wie wird das Produkt von Ihren mittelständischen Kunden angenommen?

Van Heijst: Das hängt stark von den Update-Zyklen der Unternehmen ab. Die meisten nutzen ja schon irgendeine ältere Office-Version. Im Zuge der Ablösung von Windows XP sehen wir gerade eine große Migrationswelle. Tatsache ist: Office 365 gehört heute zu den am schnellsten wachsenden Produkten in unserem Portfolio. Das gilt auch für den deutschen Markt.

Wie hat sich die NSA-Affäre auf Ihr Cloud-Geschäft ausgewirkt?

Van Heijst: Die Rate unserer Geschäftsabschlüsse hat sich nicht verändert. Es waren aber in einigen Fällen mehr oder zusätzliche Gespräche mit den Kunden notwendig, um einen Abschluss zu realisieren. Oft muss nicht nur der Kunde selbst, sondern beispielsweise auch sein Berater überzeugt werden.

Was antworten Sie einem Office 365-Interessenten, der als Server-Standort nur den Raum Köln akzeptiert?

Van Heijst: Dafür gibt es sehr gute Angebote von lokalen Hosting-Providern. Der Kunde kann Sharepoint, Lync oder auch nur E-Mail-Funktionen dann von einem deutschen Server aus nutzen. Der Standort ist aber nicht wirklich das Problem, wenn es um die Sicherheit geht. Notwendig sind aus unserer Sicht EU-weite Sicherheitsstandards. Damit könnten unsere Kunden wählen, ob Sie etwa Office 365 nur im EU-Raum gehostet haben wollen.

Was halten Sie von der Telekom-Initiative "DeutschlandLAN", die sich speziell an mittelständische Unternehmen richtet?

Van Heijst: Die Telekom ist für uns ein wichtiger Partner, der seine Angebote zum Teil auch auf Microsoft-Techniken aufsetzt. Für DeutschlandLAN sehe ich mittel- bis langfristig keine großen Erfolgschancen. Die Zulieferer und Kunden der KMUs sitzen ja nicht allesamt in Deutschland. Das ist der kleine, aber wichtige Haken an diesem Ansatz. Wir gehen einen anderen Weg. Für globale Kunden gibt es globale Lösungen von Microsoft. Daneben halten wir es aber durchaus für sinnvoll, Systeme nur innerhalb der EU und gemäß den dort geltenden Standards zu offerieren. (wh)

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