Drakonische Maßnahmen

Frankreich: Kein Internet mehr für Raubkopierer

Frankreich wird zum Liebling der Film- und Musikindustrie: Das französische Anti-Piraterie-System soll Raubkopierern künftig die Internetzugänge kappen.

Eine entsprechende Vereinbarung haben die französische Regierung, Eigentümer von Urheberrechten und Internet Service Provider (ISPs) am Freitag angekündigt. Sie basiert auf dem Vorschlag einer Kommission unter der Leitung des Chefs von FNAC, eines der größten Musik- und Videohändlers des Landes.

Das neue französische Anti-Piraterie-System umfasst unter anderem digitale Wasserzeichen für Content, die Überwachung der Aktivitäten von Internet-Nutzern und eine Datenbank von Nutzern, die von Rechteinhabern des Verstoßes gegen das Copyright bezichtigt werden. Im Gegenzug verpflichten sich die Inhalteanbieter, ihre Werke schneller als bisher auch online anzubieten und technische Barrieren zu beseitigen, die beispielsweise Musikstücke auf bestimmte Player-Hardware beschränken.

Über wessen Internet-Zugang Raubkopien geladen werden, der soll zunächst eine Warnung von seinem Internet-Dienstleister erhalten. Bei weiteren Verstößen droht die Kündigung des Zugangs und der Eintrag in die "schwarze Liste". Wer einmal darauf gelandet ist, dem dürfte es schwer fallen, noch einen ISP zu finden - besonders ärgerlich in Zeiten, in denen die Regierung immer mehr Dienste der öffentlichen Verwaltung ins Internet verlagert ("E-Government").

Die Kultusministerin Christine Albanel bezeichnete das Problem der digitalen Piraterie als "dringlich" - dabei hatte Frankreich erst im vergangenen Jahr ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das illegales File-Sharing mit bis zu sechs Monaten Haft und 30.000 Euro Geldstrafe bedroht. "Wir können nicht länger hinnehmen, dass Künstler um die Früchte ihrer Arbeit betrogen werden", so Albanel weiter.

"Wir laufen Gefahr, Zeugen einer echten Zerstörung von Kultur zu werden", warnte gar Staatspräsident Nicolas Sarkozy in einer Rede zur Unterstützung des neuen Systems. Solche Worte hört man in der Content-Branche natürlich gern. "Das ist die bislang wichtigste Initiative im Kampf gegen die Online-Piraterie, die wir bislang gesehen haben", lobte John Kennedy, Vorsitzender des weltweiten Musikbranchenverbandes IFPI. "Präsident Sarkozy hat Führerschaft und Vision bewiesen. Er hat die Bedeutung erkannt, die die kreativen Industrien in heutigen westlichen Ökonomien zukommt."

Nicht überall stoßen die Pläne indes auf solche Begeisterung. Die Verbraucherorganisation UFC bemängelte unter anderem, die Trennung Beschuldigter vom Internet ohne fairen Prozess verstoße gegen die in der Verfassung verbriefte Unschuldsvermutung ("in dubio pro reo"). Und Frédéric Couchet von APRIL, das sich für freies und Open-Source-Computing stark macht, warnt, die Vorhaben seien "repressiv" und würde zur Schaffung einer privaten "Internet-Polizei" führen. Sarkozy will nötigenfalls aber sogar noch weiter gehen. Noch sei nicht absehbar, ob das neue System seinen Zweck erfüllen werde. "Wenn es funktioniert, machen wir damit weiter", sagte der Staatspräsident. "Wenn es nicht ausreicht, werden wir Maßnahmen ergreifen, um Ergebnisse zu erzielen." (Computerwoche/mja)