Ab 2020 droht das Aus für den klassischen Mobilfunk GSM und UMTS

Industrie 4.0: Milliardenfalle Mobilfunk

Das Internet der Dinge (IoT) bzw. Industrie 4.0 werden kommen und Millionen, wenn nicht gar Milliarden von Devices, werden vernetzt - darüber sind sich alle Analysten einig. Doch die Sache hat einen Haken: Die Tage des klassischen Mobilfunks sind wie bei ISDN gezählt. Investieren wir mit IoT und Industrie 4.0 in die Technik von gestern? Kreieren wir Milliardengräber an Investitionsleichen?

Egal, ob es das Internet der Dinge (IoT), Industrie 4.0, Connected Cars oder die Machine-to-Machine-Kommunikation betrifft - ohne den Mobilfunk wäre an eine Vernetzung dieser Milliarden von Devices gar nicht zu denken. Und so manche neue Business-Idee wäre ohne die mobile Datenkommunikation nur noch Makulatur. Doch genau dies könnte uns in spätestens fünf Jahren drohen, so das britische Marktforschungsinstitut Machina Research. Das auf M2M- und IoT-Themen spezialisierte Institut warnt davor, dass die Netzbetreiber ab 2020 damit beginnen werden, ihre klassischen Mobilfunknetze der zweiten (2G, GPRS, EDGE) und dritten (3G, UMTS, HSPA) Generation abzuschalten.

Das Aus für UMTS und GSM

Millionen vernetzter Maschinen gehören dann ebenfalls zum alten Eisen, wenn sich ihre Kommunikationsmodule nicht wechseln lassen.
Millionen vernetzter Maschinen gehören dann ebenfalls zum alten Eisen, wenn sich ihre Kommunikationsmodule nicht wechseln lassen.
Foto: Dmitry Kalinovsky - shutterstock.com

Millionen von vernetzten IoT-Devices stünden dann ohne Netzverbindung da und hätten nur noch Schrottwert. Ebenso brächen massenweise Prozessketten zusammen, da eine M2M-Kommunikation zwischen den beteiligten Maschinen nicht mehr möglich ist. Einfach Aufrüsten? Fehlanzeige, denn in den meisten IoT-Geräten ist die eingebaute Mobilfunktechnik wie SIM-Karte und Modem fest verlötet und damit nicht einfach austauschbar. Letztlich rollt hier auf die Unternehmen eine Umwälzung zu, die sich mit dem geplanten Aus für ISDN im deutschen Festnetz im Jahr 2018 vergleichen lässt. Nur dass im Mobilfunk die Auswirkungen und Kosten vermutlich um ein mehrfaches höher sind.

Umrüsten unmöglich?

Mit dem Abschalten der alten Mobilfunknetze haben dann Milliarden von Aufzugsalarmsystemen, Meldeeinrichtungen. intelligenten Anzeigetafeln, Verkehrsschilder und sonstigen M2M-Anwednungen erstmal nur noch Schrottwert, wenn sie zur Kommunikation 2G- oder 3G-Technik verwenden. Experten sind sich nämlich einig, dass sich alte Geräte, selbst wenn sie mit Steckkontakten arbeiten, nur schwer einfach auf eine neue Technologie umgerüstet werden können. Zumal oft Anpassungen an der Software notwendig sind, da sich Schnittstellen und Kommandos mit der Zeit durchaus geändert haben. Wurde mit sogenannten Kommunikations-Boards in den Geräten gearbeitet, dann stehen die Chancen für einen Austausch besser.

Es drohen Milliardenkosten

Im Zeitalter des Internet of Things sind fast alle Bereiche betroffen. Egal ob Logistik...
Im Zeitalter des Internet of Things sind fast alle Bereiche betroffen. Egal ob Logistik...
Foto: CC3.0, Vwpolonia75

Sie empfinden dies als ein Horrorszenario? Ja, das ist es auch. Sie halten es für Phantasterei? Damit liegen sie leider falsch. Glaubt man Matt Hatton, dem Autor des Strategiereports "2G and 3G switch off: a navigation guide for IoT", dann ist die Abschaltung der heutigen 2G- und 3G-Netze unausweislich. Und zwar aus einem Grund: Das Frequenzspektrum dieser Netze wird für 4G-Services (LTE) benötigt, um mehr Daten schneller per Funk transportieren zu können. Und die Abschaltung der 2G-Netze ist in Japan und Korea bereits erfolgt. Andere Länder haben bereits klare Roadmaps veröffentlicht, an denen alle Netzbetreiber beteiligt waren, oder einzelne Netzbetreiber wie etwa AT&T sind vorgeprescht. So sind denn in den USA die 2G-Netze bereits Geschichte, da die Netzbetreiber die Technik aufgegeben haben. Selbst das hierzulande noch viel gelobte UMTS - also 3G - ist in den USA bereits auf dem absterbenden Ast. So werde bereits heute die Zertifizierung neuer 3G-Lösungen nur ungern vorgenommen oder abgelehnt, wie Joachim Dressler, Vice President EMEA beim M2M-Spezialisten Sierra Wireless, aus der Praxis berichtet.

Lediglich in Europa, so Hatton, herrsche derzeit seitens der Netzbetreiber komplette Funkstille in Sachen 2G- und 3G-Zukunft. Eine Aussage, der so Dressler, nicht komplett zustimmen kann: "So hat etwa Swisscom eine klare Aussage zur Abschaltung von 2G für 2020 getroffen." Allerdings gebe es auch andere Netzbetreiber die vermutlich eher 3G abschalten wollen und 2G weiterbetreiben. Unter dem Strich ergebe sich kein einheitliches Bild und das wird sich laut Sierra-Wireless-Manager Dressler vermutlich auch nicht ändern. Gerade in Ländern die 2G-Anwendungen im Bereich Energie im Feld haben, werden wohl 2G aufrechterhalten, so Dressler weiter. "Wie auch immer, das Netz zu behalten, heißt nicht, dass die Verfügbarkeit und Flächendeckung gleich bleibt", schränkt der Manager allerdings ein. Ferner ist damit zu rechnen, dass beschädigte 2G-Stationen nicht unbedingt wieder aufgebaut werden, sondern durch 3G/4G ersetzt werden. "Letztlich ergibt sich kein einheitliches Bild und das wird sich vermutlich auch nicht ändern", lautet das Resümee von Experte Dressler zur Netzzukunft.