CW-Freiberuflerstudie 2015
Wer den Fuß in der Tür hat, gewinnt die Aufträge
Ein großes IT-Projekt ohne Freiberufler ist heute in Deutschland eher die Ausnahme als die Regel. So schätzt der Branchenverband Bitkom ihre Zahl hierzulande auf rund 100.000. Klar ist, dass sich die Entwicklung nicht mehr umdrehen lässt - die Bedeutung der externen Experten wird in den kommenden Jahren sogar noch zulegen. Das ist eine zentrale Aussage der aktuellen "IT-Freiberufler-Studie 2015" der COMPUTERWOCHE (siehe unten), in der CIOs und IT-Verantwortliche sowie Einkäufer befragt wurden.
Demnach wird die Rolle der Freiberufler im Sourcing-Mix der kommenden zwei Jahre weiter gestärkt - wenn auch nur leicht, da der Markt bereits einen hohen Reifegrad erreicht hat. Immerhin knapp 45 Prozent der Befragten messen heutzutage Freiberuflern im Mitarbeiter-Mix eine überwiegend große bis sehr große Bedeutung für ihr Unternehmen bei. In den kommenden zwei Jahren wird der Wert der Freelancer noch einmal um rund zehn Prozentpunkte steigen. Dazu passt auch die Aussage, dass in fast zwei Dritteln der befragten Unternehmen im zurückliegenden Jahr Freiberufler eingesetzt wurden, um IT-Projekte voranzubringen.
Das Geschäft wird internationaler
Derzeit sind rund 31 Prozent der IT-Projekte international ausgerichtet, und jeder zweite Umfrageteilnehmer erwartet, dass es in den kommenden Jahren zu einer (sehr viel) stärkeren internationalen Ausrichtung kommen wird. Auch sogenannte Mixed Teams, also gemischte Teams aus internen Mitarbeitern und externen Dienstleistern wie beispielsweise Freelancern, liegen im Trend. Über die Hälfte der Befragten strebt sie bei IT-Projekten "grundsätzlich" beziehungsweise "häufig" an, und 39 Prozent sind der Ansicht, dass sich der Anteil externer Mitarbeiter in Mixed Teams künftig noch erhöhen wird.
Gewandelt hat sich auch die "Lieferantenlandschaft" für IT-Freiberufler. Der direkte Vergleich mit einer COMPUTERWOCHE-Studie aus dem Jahr 2011 zeigt, dass Personaldienstleister und Vermittler die klassischen IT-Beratungsunternehmen vom zweiten Rang der Rekrutierungswege verdrängt haben. Die Agenturen konnten ihren Anteil von 21 Prozent im Jahr 2011 auf 27 Prozent steigern, während IT-Beratungshäuser als Rekrutierungsweg von 24 auf nunmehr 14 Prozent zurückfielen. Der wichtigste Rekrutierungsweg für Unternehmen bleibt mit rund 45 Prozent jedoch die direkte Beauftragung aus dem persönlichen Netzwerk. Freelancer-Portale sowie die ausgelagerte Rekrutierung über Third-Party-Manager beziehungsweise Managed-Service-Provider (MSP) vereinen nur einen kleinen Teil des Marktes auf sich.
Der direkte Auftrag an einen Freiberufler wird in den kommenden Jahren an Bedeutung zunehmen, ist sich die Mehrheit der Befragten sicher. Dies trifft hauptsächlich auf Freelancer zu, die dem Kunden bereits aus vergangenen Projekteinsätzen bekannt sind oder dem persönlichen Netzwerk eines Entscheiders angehören. Vermeintliche Kosteneinsparungen sind ein wesentlicher Grund für den direkten Weg, persönliches Vertrauen in die bekannte Person ein zweiter. Für Personaldienstleister und Vermittlungsagenturen gehen die Befragten unter dem Strich bis 2017 von einem leichten Zuwachs aus, und auch Freiberuflerportale sollen in der gleichen Zeitspanne als Rekrutierungsweg an Bedeutung gewinnen. Mehr als ein Drittel erwartet, dass die Rekrutierung über klassische IT-Beratungsunternehmen weiter an Bedeutung verlieren wird.
Zur Bedeutung der IT-Freiberufler beigetragen hat die grundsätzliche Zufriedenheit der Auftraggeber. Dies bezieht sich in erster Linie auf die Qualität der Projektergebnisse. Die Leistung der eingesetzten Freiberufler in den Projekten wurde relativ hoch bewertet und landete auf dem zweiten Rang. Dies betrifft einmal das Know-how der freiberuflichen Mitarbeiter, zum anderen das Arbeitsergebnis beziehungsweise ihren Beitrag zum Projekterfolg. Allerdings überprüfen nur 40 Prozent der Befragten die Arbeitsqualität und Leistung der eingesetzten IT-Freiberufler zum Projektende mit einem standardisierten Verfahren. Ihre hohe Zufriedenheit resultiert vermutlich zum Teil aus einem Bauchgefühl - oft scheint die Chemie zwischen Auftraggeber und Freelancer einfach zu stimmen. Zu wünschen übrig ließen indes die Kommunikation zwischen den Teams sowie der Know-how-Transfer vom freiberuflichen Experten zu den internen Mitarbeitern.
Eines steht jedoch fest: Für Entscheider ist die Qualität der vorgestellten Freelancer-Profile das wichtigste Entscheidungskriterium, sowohl absolut als auch im Durchschnittswert. Fast genauso bedeutend ist es, wenn der Freelancer in anderen Projekten des Unternehmens mitgearbeitet hat. Der zeitliche Aufwand für die Rekrutierung, die Dauer bis zur Vorstellung der Kandidaten und die Zeitspanne bis zum Projektstart sind ebenfalls kritische Erfolgsfaktoren für die Beziehung zum Personaldienstleister oder Vermittler. Hingegen sind die Menge der vorgelegten Profile, die Größe des Freelancer-Pools eines Dienstleisters und die Zahl der teilnehmenden Dienstleister an der Ausschreibung von nachrangiger Bedeutung - Qualität schlägt hier Quantität.
- Agenturen, die IT-Freiberufler vermitteln,...
... konnten sich 2014 über ein zweistelliges Umsatzwachstum freuen. Auch für das neue Jahr rechnen sie mit einem deutlichen Plus. Lesen Sie ihre wichtigsten Prognosen für 2015. - Nikolaus Reuter, Etengo:
"Das Marktvolumen für freiberufliche IT-Spezialisten wird 2015 in Deutschland erstmals mehr als neun Milliarden Euro betragen." - Christian Neuerburg, DIS:
"Freiberufliche ERP- und SAP-Berater bewegen sich immer noch auf einem sehr hohen Niveau und werden stark nachgefragt." - Simon Gravel, Freelancer.Net GmbH:
"Alle Skills, die mit Mobile-Entwicklung (Web/Apps/Cloud) zu tun haben, ziehen ebenfalls stark an." - Peter Schneider, top itservices:
"Neben den Trendthemen wie Cloud Computing, E-Mobility, Big Data und Industrie 4.0 gibt es vielfältige Aufgaben im IT-Betriebsumfeld, etwa in der Administration von Datenbanken, Rechnernetzen und Systemen." - Maxim Probojcevic, Solcom:
"Die größten Wachstumschancen sehen wir in diesem Jahr in den Branchen Transport, Logistik, Finanzen und Dienstleistung." - Günter Hilger, Geco:
"Je mehr interne Mitarbeiter fehlen, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Unternehmen auf externes Personal zurückgreifen müssen."