Connected Car

Sprachwirrwarr bei Car-to-Car-Kommunikation

Eine der größten Herausforderungen im Bereich Car-to-Infrastruktur- und Car-to-Car-Kommunikation ist die Wahl der passenden Übermittlungstechnik bereitzustellen. Hier bieten sich nicht nur je nach Szenario verschiedene Übertragungswege an, in den USA und Europa entwickelte Techniken sind außerdem nur bedingt interoperabel.
Fahrzeuge tauschen nicht nur untereinander Informationen aus, sondern auch mit der Infrastruktur, etwa Ampeln und sogar mit Fußgängern, die mit "Wearable Devices" oder Smartphones ausgestattet sind. Automobilfirmen wie etwa BMW führen bereits Feldversuche mit solchen Systemen durch.
Fahrzeuge tauschen nicht nur untereinander Informationen aus, sondern auch mit der Infrastruktur, etwa Ampeln und sogar mit Fußgängern, die mit "Wearable Devices" oder Smartphones ausgestattet sind. Automobilfirmen wie etwa BMW führen bereits Feldversuche mit solchen Systemen durch.
Foto: BMW

Ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl der Übermittlungstechnik bei der Kommunikation zwischen Auto zu Auto (Car-2-Car, C2C) beziehungsweise Auto zu Infrastruktur (Car-2-Infrastructure, C2I) ist die erforderliche Reaktionszeit: Soll ein Fahrzeug beispielsweise rechtzeitig vor einem Stauende oder einem plötzlich auftauchenden Hindernis wie einem Pannenfahrzeug zum Stehen kommen, sind sehr kurze Reaktionszeiten gefordert.

Als akzeptable Verzögerungszeiten (Latenzzeiten) gelten in diesem Fall für C2I/C2C-Systeme etwa 100 Millisekunden. Das bedeutet, dass der Aufbau einer Ad-hoc-Verbindung zwischen Fahrzeugen oder zwischen einem Auto und einer Sende-/Empfangsstation am Straßenrand schneller als in herkömmlichen Funknetzen erfolgen muss. Zudem sind Übertragungstechniken mit einer hohen Zuverlässigkeit erforderlich, die außerdem für Objekte ausgelegt sind, die sich mit hohen Geschwindigkeiten bewegen.

In der Praxis bedeutet dies, dass in einem C2C- beziehungsweise C2I-Szenario mehrere Kommunikationstechniken gekoppelt werden.

  • Für die echtzeitnahe Kommunikation zwischen Fahrzeugen über kurze Distanzen kommen DSRC-Netze (Dedicated Short Range Communication) auf Grundlage des Standards ETSI ITS G5 (European Telecommunications Standards Institute) in Frage. Er nutzt das 5,9-GHz-Frequenzband und ist eine Spielart des Wireless-LAN-Standards IEEE 802.11p. Bei diesem handelt es sich um eine spezielle Version der WLAN-Norm IEEE 802.11a, die für den Datenaustausch zwischen Fahrzeugen optimiert wurde.

  • Ad-hoc-Netze auf Basis von DSRC können Fahrzeuge verbinden, diese aber auch als Relaisstation nutzen: Ist der Kommunikationspartner nicht in Sendereichweite, übermitteln andere Fahrzeuge Informationen (Multi-Hopping) oder sie speichern diese Daten und leiten sie anschließend weiter (Store and Forward).

  • In Europa kommt zusätzlich das Geonetworking-Protokoll zum Einsatz. Geonetworking ist ein Network-Layer-Protokoll, das nicht auf IP aufsetzt, sich jedoch in IP-Infrastrukturen einbinden lässt. Es ist nach Angaben des European Telecommunications Standards Institute (ETSI) für kleine Netze ausgelegt, die sich beispielsweise bei der Kommunikation zwischen Fahrzeugen spontan bilden können.

Mobilfunk mit an Bord

Beim Einsatz von Mobilfunktechniken wie LTE in Fahrzeugen prallen unterschiedliche Interessen und Anforderungen aufeinander. Vernetzte Fahrzeuge erzeugen etwa hohe Datenvolumina, die möglichst schnell übermittelt werden sollen. Das erfordert ein dichtes Netz von leistungsfähigen Mobilfunk-Basisstationen.
Beim Einsatz von Mobilfunktechniken wie LTE in Fahrzeugen prallen unterschiedliche Interessen und Anforderungen aufeinander. Vernetzte Fahrzeuge erzeugen etwa hohe Datenvolumina, die möglichst schnell übermittelt werden sollen. Das erfordert ein dichtes Netz von leistungsfähigen Mobilfunk-Basisstationen.
Foto: Orange

DRCS und ITS G5 überbrücken Distanzen von mehreren 100 Metern bis zu etwa einem Kilometer. Daher ist im Bereich Fahrzeugvernetzung zusätzlich eine Langstrecken-Kommunikationstechnik erforderlich. Diesen Part übernehmen 3G- und 4G-Mobilfunknetze. Sie kommen beispielsweise beim automatischen Notrufsystem eCall zum Einsatz.

Mobilfunkverbindungen kommen zudem für Bereiche wie Infotainment, die Übermittlung von Straßenzustandsinformationen und die Ferndiagnose von Fahrzeugen in Betracht, die mit einer Panne liegengeblieben sind. Nach Erfahrungswerten, die im Rahmen des Forschungsprojekts und V2X-Feldversuchs SimTD (Sichere Intelligente Mobilität - Testfeld Deutschland) gesammelt wurden, sind 3G/4G-Verbindungen zudem die bessere Wahl, um Standortinformationsdienste, Umleitungsempfehlungen und erweiterte Navigationsdienste bereitzustellen.

Eine weitere Komponente ist ein Empfänger für die gängigen Satellitennavigationssysteme. Dies ist in erster Linie GPS, weil zumindest in Westeuropa das russische System Glonass eine untergeordnete Rolle spielt. Das europäische Galileo-System wird dagegen nach diversen Verzögerungen frühestens Ende 2014 in Betrieb gehen.

Komponenten für das vernetzte Auto

Damit Fahrzeuge miteinander und mit der Verkehrsinfrastruktur Informationen austauschen können, sind folgende Komponenten erforderlich:

  • ITS Vehicle Stations (IVS) im Fahrzeug. In den USA heißen diese Komponenten On-Board Units (OBUs);

  • ITS Roadside Stations oder IRS, in den USA bekannt als Roadside Units (RSUs), die am Straßenrand, in Verkehrsleitsystemen oder Ampeln untergebracht werden;

  • eventuell eine Verkehrszentrale, die als zentrale Sammel- und Verteilstelle für Daten und Informationen dient.

Bei SimTD wurde die IVS in zwei separate Hardware-Plattformen aufgeteilt: eine Kommunikationseinheit (Communication Control Unit, CCU) und die Anwendungseinheit (Vehicle Application Unit, VAU). Die Applikationen greifen über ein API (Application Programming Interface) auf die Services zu. Dies sind Kommunikationsdienste (Car-to-X, CAN-Bussystem des Fahrzeugs), standortbezogene Services (Navigation, Karten, Position) sowie Systemdienste wie Logging und Systemkontrolle. Das Konzept nutzt ein Framework, sodass neue Dienste hinzugefügt werden können.

Die ITS Vehicle Station (IVS) in einem Fahrzeug muss eine Vielzahl von Kommunikationstechniken und Protokollen unterstützten. Bei den Systemen, die beim SimTD-Test verwendet wurden, kamen zudem mit Windows XP Embedded und Linux zwei Betriebssystem-Plattformen zum Einsatz.
Die ITS Vehicle Station (IVS) in einem Fahrzeug muss eine Vielzahl von Kommunikationstechniken und Protokollen unterstützten. Bei den Systemen, die beim SimTD-Test verwendet wurden, kamen zudem mit Windows XP Embedded und Linux zwei Betriebssystem-Plattformen zum Einsatz.
Foto: BMW

Problem: Unterschiedliche Standards

Allerdings gibt es bei Car-2-X-Konzepten ein Problem: Die Techniken, die den USA und Europa entwickelt wurden, sind nur bedingt interoperabel. Das mag damit zusammenhängen, dass bei Feldtests in den USA, etwa in Ann Arbor (US-Bundesstaat Michigan), die Kommunikation zwischen Fahrzeugen (C2C) im Vordergrund steht. Deutschland und andere EU-Länder wie Österreich und die Niederlande forcieren dagegen den Datenaustausch zwischen Auto und der Infrastruktur (C2I).

Ein Beispiel für das mangelnde Zusammenspiel von C2X-Techniken ist DSRC (Dedicated Short Range Communication). In den USA wird als DSRC-Technik bei der Kommunikation zwischen Fahrzeugen der WLAN-Ableger IEEE 802.11p in Verbindung mit IEEE 1609 genutzt. Solche Wave-Systeme (Wireless Access in Vehicular Environments) nutzen das 5,9-GHz-Frequenzband, haben eine Reichweite von einigen 100 Metern und weisen kurze Verzögerungszeiten von maximal 100 Millisekunden auf.

In den USA wird DSRC im Bereich Fahrzeugvernetzung für sicherheitsrelevante Anwendungen eingesetzt. Diese warnen den Fahrer beispielsweise vor einem Pannenfahrzeug, das die Fahrbahn blockiert, oder prüfen beim Spurwechsel, ob sich ein anderes Fahrzeug im toten Winkel befindet. Zu diesem Zweck bauen die Fahrzeuge eine Ad-hoc-Verbindung auf. Der Schwerpunkt liegt somit auf der V2V-Kommunikation und Sicherheit.

Eines der Kernprobleme bei der Vernetzung von Fahrzeugen und der Infrastruktur besteht darin, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Technologien und Standards involviert ist.
Eines der Kernprobleme bei der Vernetzung von Fahrzeugen und der Infrastruktur besteht darin, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Technologien und Standards involviert ist.
Foto: ETSI

Anders in Europa: Hier zu Lande steht mit ETSI ITS G5 (European Telecommunications Standards Institute) eine separate Version der Technik zur Verfügung. Sie wird vorzugsweise bei elektronischen Mautstellen eingesetzt und kommt zudem bei der Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Systemen am Straßenrand (Infrastruktur) zum Zuge. Allerdings sind beide DSRC-Versionen nicht kompatibel. Derzeit arbeiten jedoch Fachleute aus der Automobilindustrie sowie der Daten- und Telekommunikationsbranche an einer Kompromisslösung.

Standard für Fahrzeugvernetzung

Im Februar 2014 gaben zudem das European Telecoms Standards Institute (ETSI) und Europäisches Komitee für Normung (CEN) bekannt, dass sie erste Basisstandards für C-ITS entwickelt haben. Diese Arbeiten gehen auf eine Initiative der Europäischen Kommission auf dem Jahr 2009 zurück, die eine Zersplitterung des Marktes und Verzögerungen bei der Einführung von C-ITS-Komponenten verhindern möchte.

In Europa entwickeln CEN und ETSI einheitliche Standards für Cooperative Intelligence Transport Systems (C-ITS).
In Europa entwickeln CEN und ETSI einheitliche Standards für Cooperative Intelligence Transport Systems (C-ITS).
Foto: ETSI

Release zwei des Normenpakets wird derzeit entwickelt. Darin fließen die Resultate von Feldversuchen mit ein, die teilweise mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union durchgeführt wurden oder noch laufen. Dazu zählen eCoMove, Drive C2X, SimTD, und COMeSafety. (mb)