Commerzbank-Studie

Diskussion um Investitionsstau im ITK-Mittelstand

Die ITK-Branche scheint, nach Jahren der überwiegend kurzfristigen Entscheidungen, wieder zunehmend Augenmerk auf die langfristige Geschäftsentwicklung zu richten. Dennoch bleiben Investitionen oftmals aus: Es mangelt zwar kaum an finanziellen Mitteln, aber offenbar an geeigneten Fachkräften.

Zu diesem Ergebnis kommt die Commerzbank in Zusammenarbeit mit TNS Infratest. Sie brachten von etwa 200 Unternehmen in der ITK-Branche in Erfahrung, welche Strategien der Mittelstand in Bezug auf Investitionen verfolgt. Die befragten Unternehmen weisen alle einen Jahresumsatz von mindestens 2,5 Millionen Euro vor.

Demnach investiert rund 25 Prozent der Unternehmen vorwiegend in den Erhalt von Substanz, während 20 Prozent ausschließlich Investitionen in Wachstum tätigen möchte. Die übrigen Unternehmen streben eine ausgeglichene Strategie an. Die Unternehmen halten ihre Investitionen dabei überwiegend für ausreichend und zielführend. Daher kann, zumindest aus ihrer Sicht, von einem Investitionsstau nicht die Rede sein.

Rund 75 befragte Ökonomen (Professoren und Wissenschaftliche Mitarbeiter) schätzen den ITK-Mittelstand hingegen weitaus zurückhaltender ein: Die Unternehmen würden generell zu wenig investieren, wobei die tatsächlichen Investitionen bevorzugt dem Erhalt von Substanz dienen, also nicht zur Innovation zur Verfügung stehen. Im Vergleich mit anderen Branchen zeige sich der ITK-Mittelstand dennoch innovations- und auch risikofreudig.

So bestätigten 53 Prozent der befragten Unternehmen, dass sie dazu bereit sind, wieder langfristig zu planen - und entsprechende Risiken einzugehen. Diese Bereitschaft ist im Laufe der letzten Jahre merklich gestiegen: Im Jahr 2012 hielten lediglich 37 Prozent eine langfristige Betrachtung für vorteilhaft.

Der Mittelstand fühlt sich, über alle Branchen hinweg, finanziell derzeit gut aufgestellt. Einige Branchen haben zwar auch weiterhin mit schwanken Rohstoff- und Energiepreisen zu kämpfen oder bewegen sich generell in einem wirtschaftlich unsicheren Umfeld, aber derartige Probleme spielen für den ITK-Mittelstand derzeit eine untergeordenete Rolle. Vielmehr sorgen sich die Unternehmen um den Mangel an Fachkräften, der direkten Einfluss auf Investitionen nimmt: Ohne geeignetes Personal ergeben Investitionen mitunter keinen Sinn. Die Unternehmen geben folgerichtig an, derzeit sowohl verstärkt um ausgebildete Mitarbeiter zu werben als auch die eigenen Mitarbeiter fortzubilden.

Kritischer Abstand gegenüber Bankkredit

Die Bundesbank konnte dem deutschen Mittelstand vor einigen Wochen "keine ausgeprägte Investitionsschwäche" nachweisen. Die Erhebung der Commerzbank bestätigt somit erneut, dass die Unternehmen derzeit kaum Finanzierungsschwierigkeiten haben. Nur 17 Prozent der Befragten sehen bei der Planung und Durchführung von Investitionen noch Finanzierungsprobleme. 15 Prozent der Unternehmen gaben an, Investitionsprobleme aufgrund von fehlendem Eigenkapital zu haben.

Bestätigt wurde ebenso, dass die Fremdfinanzierung über Banken im Mittelstand äußerst unbeliebt ist: 66 Prozent der Unternehmen versuchen ihre Investitionen möglichst ohne Fremdkapital von Banken zu tätigen. Die Studie diagnostiziert vielmehr eine regelrechte Ablehnung von Bankkrediten: "Trotz, oder vielleicht gerade aufgrund geringer Finanzierungsprobleme halten die Unternehmen zur Fremdfinanzierung kritisch Abstand."

Die Ökonomen sehen diese ablehende Haltung offenbar kritisch. Sie befürchten, dass die Überschüsse sowie das Eigenkapital im Mittelstand nicht ausreichen wird, um die strategisch sinnvollen Investitionen zu tätigen. Aus Sicht der Ökonomen sollte Fremdkapital ein "selbstverständlicher Weg" zur Finanzierung von Investitionen sein.

Der befragte ITK-Mittelstand wünschen sich laut der Studie zudem Banken als Partner, die sie zu Investitionen motivieren und Impulse setzen. Die im Rahmen der Studie präsentierten Daten lassen eine solche Wertung fraglich erscheinen: Für gerade einmal 36 Prozent der befragten Unternehmen sind Banken eine wichtige Instanz, um die Wirtschaftlichkeit von Investitionsentscheidungen zu prüfen. 66 Prozent sehen in Banken keine unabhängigen Berater und gar 66 Prozent sehen Banken zu wenig als Motivator und Ideengeber für Investitionen. Hier muss sich die Finanzbranche dringend fragen, wie sie diese negativen Werte umdrehen kann.