Freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit

Zum Welttag gegen Internetzensur sind 70 Cyberdissidenten in Haft

Den 12. März hat Reporter ohne Grenzen zum Welttag gegen Internenzensur erklärt. Damit will die Vereinigung auf die zunehmende Internet-Zensur und Repressionen gegen Blogger und Journalisten aufmerksam machen.

Derzeit sind weltweit mindestens 70 Cyberdissidenten in Haft, weil sie ihr Recht auf Meinungsfreiheit im Internet wahrgenommen haben. Das größte Gefängnis für Blogger ist weiterhin China, gefolgt von Vietnam und dem Iran. Zu diesem Ergebnis kommt der heute, Donnerstag, anlässlich des "Welttags gegen Internetzensur" veröffentlichte Internetbericht der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) . Demnach ist in zwölf Ländern die Webzensur und Repression gegen Blogger so massiv, dass diese Staaten den Titel "Feinde des Internets" verdienen. Zu den Übeltätern zählt ROG dabei die Länder Ägypten, Birma, China, Iran, Kuba, Nordkorea, Saudi Arabien, Syrien, Tunesien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam. "Diese Staaten haben das Internet zu einem Intranet gemacht, um damit die Bevölkerung am Zugang zu 'unerwünschten' Online-Informationen zu hindern", kritisiert ROG.

Neben der Überwachung und Kontrolle von Informationen im Web würden unliebsame Internetnutzer in den zwölf genannten Staaten auch systematisch verfolgt. "Unter dem Vorwand, moralische Normen, die nationale Sicherheit, Religion, die Rechte ethnischer Minderheiten oder gar das 'spirituell-kulturelle' und wissenschaftliche Potenzial eines Landes zu beschützen, wird in vielen Länder Internetzensur betrieben", stellt Anja Viohl, Pressereferentin der deutschen ROG-Sektion. Die Blogger-Gemeinde lasse sich aber trotz Gängelungen und Repressionen nicht entmutigen. "Das Internet bleibt in vielen Ländern im Vergleich zu konventionellen Medien immer noch das freieste Mittel zur Verbreitung von Informationen und Meinungen. Neue Software-Entwicklungen helfen zum Teil, Nachrichtenkontrollen und Zensur im Internet zu umgehen", betont Viohl.

Auf Platz eins der Liste der "Feinde des Internets" befindet sich weiterhin China. Laut ROG sind dort derzeit 50 Cyberdissidenten in Haft. Die meisten von ihnen würden beschuldigt, "Staatsgeheimnisse im Ausland preisgegeben" zu haben. "Die zahlreichen Zensurmaßnahmen der chinesischen Regierung weisen einen hohen Organisationsgrad auf. Fast 40.000 staatliche Mitarbeiter kontrollieren Online-Inhalte", heißt es von ROG. Auch in Birma, Usbekistan, Turkmenistan und Saudi Arabien gebe es eine sehr strenge Online-Überwachung. "In Birma können Blogger, die Kritik an der Regierung formulieren, zu drakonischen Haftstrafen verurteilt werden und in Saudi Arabien hat die Regierung mehr als 400.000 Webseiten 'zum Schutz der saudischen Gesellschaft' sperren lassen", schildert Viohl. Ähnlich akut sei die Lage auch im Iran, dem weiterhin "größten Feind des Internets" im Nahen Osten, wo regelmäßig Blogger festgenommen würden.

"Unser Anliegen ist es, dem Thema Internetzensur eine größere Aufmerksamkeit in der öffentlichen Debatte zukommen zu lassen. Eine ausgeprägtere Sensibilisierung für diese Problematik ist enorm wichtig", fasst Rubina Möhring, Präsidentin von ROG Österreich die zentrale Zielsetzung zusammen. Bislang sei diese Thematik zu oft lediglich als Schattenbereich wahrgenommen worden. "In unserem Bericht gehen wir auch auf neuere Zensurformen wie die sogenannte 'partizipative Zensur' ein. Darunter wird das Einstellen von persönlichen Kommentaren im Auftrag der Regierung verstanden", erläutert Möhring. Diese Ausprägungsart sei besonders gefährlich, da sie ohne ein gewisses Maß an Medienkompetenz vom Nutzer nicht zu durchschauen sei. "Ohne eine entsprechende Aufklärung ist die Gefahr groß, dass solche bewussten Falschinformationen tatsächlich als persönliche User-Statements verstanden werden. In Anbetracht solcher Praktiken ist es ungemein wichtig, schon so früh wie möglich in den Schulen mit dem nötigen Medienunterricht zu beginnen", so Möhring abschließend. (pte/mja)