Typische Fehler bei der SAP-Einführung

Woran ERP-Projekte scheitern

Einen generellen Leitfaden für die Einführung von ERP-Projekten gibt es nicht. Die Ressourcen-Planungen der Unternehmen sind zu unterschiedlich. Welche Sündenfälle Firmen allerdings vermeiden sollten, zeigen zwei ERP-Projekte, die gehörig schief liefen.

Unternehmen hüllen sich gerne in Schweigen, wenn es um Details von "Worst Practices" geht. Dabei sind es genau diese Fälle, die veranschaulichen, welche Fehler tunlichst zu vermeiden sind und wie der Befreiungsschlag aus verfahrenen Situationen gelingen kann. Im Folgenden werden zwei "Bruchlandungen" unter die Lupe genommen, die in realen ERP-Projekten vorgekommen sind.

Fall 1: Handelsunternehmen fährt ERP-Projekt an die Wand

Das erste Beispiel dreht sich um ein europaweit aufgestelltes mittelständisches Handelsunternehmen mit einem Jahresumsatz von rund 400 Millionen Euro. Es beschäftigt 300 Mitarbeiter in fünf Landesgesellschaften. Ziel des ERP-Projekts war es, mit Ausnahme der Lagersoftware die komplette Logistik in einem Aufwasch auf SAP umzustellen.

Zu den wesentlichen Bestandteilen dieser Einführung zählten das Supply-Chain-Management (SCM), Business Intelligence (BI) und Prozessintegration (PI) sowie die Anbindung und der Datenaustausch mit allen Lieferanten und Partnern des Unternehmens. Kurzum: Das Projekt tangierte den Herzschlag des Unternehmens, die Handelsaktivität. Folgerichtig stellte der Auftraggeber zunächst ein Team inklusive Projektleiter zusammen.

Ebenso stellten die beiden mit der Implementierung beauftragten SAP-Partner für ERP sowie für die Module BI und PI jeweils einen Projektverantwortlichen ab. Die Ausgangssituation verhieß auf den ersten Blick ein erfolgreiches Unterfangen. Die Planung des ERP-Projekts war minutiös und es gab klar umrissene Projektziele sowie einen festen Zeit- und Budgetrahmen. Alle Jour-fixe-Termine wurden regelmäßig abgehalten.

Software bildet Geschäftsprozesse falsch ab

Der Projektstart erfolgte Anfang 2009. Mit 16 Monaten glaubten alle Projektbeteiligten ausreichend Zeit für die Einführung eingeplant zu haben, um den "Big Bang" sicher erreichen zu können. Bei der Überprüfung erster Kernprozesse stellte man jedoch fest, dass geschäftskritische Prozesse mit der implementierten Software bei weitem nicht korrekt abgebildet wurden. Infolgedessen musste der "Go-Live-Termin" bereits um sechs Monate verschoben werden. Das kostete sowohl die Dienstleistungspartner als auch das Unternehmen zusätzliches Geld.

Schnittstellenprobleme kosten Geld und Zeit

Der Druck auf das Projekt wuchs, aber auch der zweite Starttermin konnte nicht gehalten werden. Nach einem Jahr Verspätung sah es schließlich so aus, als ob die Zeichen für das neue System endlich auf Grün stünden. Doch es kam anders. Nach der ersten Woche wurden Mängel sichtbar, die von den Mitarbeitern zunächst fatalerweise unterschätzt wurden. Während sich das Projektteam noch mit der Korrektur von Abläufen und Schnittstellenproblemen befasste, entwickelte sich die Lage im Wareneingang und -ausgang immer dramatischer. Obwohl das Lager voll war, bestellte der Einkauf weiter Waren, weil das System den Bestand nicht korrekt abbildete.

Vorhandene Artikel wurden hingegen nicht ausgeliefert, weil sie laut ERP-System nicht vorrätig waren. Andere Artikel wiederum verließen vom System unerkannt das Haus und wurden teilweise nicht fakturiert. Und damit nicht genug: Die Rechnungsstellung verzögerte sich mehr und mehr, die Liquidität im Unternehmen sank. Ein Zurück zum alten System war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. In der Not erfassten Mitarbeiter die Daten teilweise manuell, doch die Nachführung ins System funktionierte nicht durchgängig und korrekt. Das Unternehmen geriet plötzlich in eine kritische Lage.