Die Nachfolge richtig organisieren

Wie der Chef sein Unternehmen erfolgreich übergibt

Unterschiedliche Perspektiven erzeugen Konflikte

Deshalb ist es gerade bei Unternehmen des genannten Typs meist nötig, dass ihr bisheriger und künftiger Inhaber, nachdem die Unternehmensnachfolge vertraglich beziehungsweise notariell geregelt wurde, noch eine längere Zeit zusammenarbeiten und gemeinsam das Unternehmen führen, ehe der Übernahmeprozess vollzogen ist. Dieser Prozess erstreckt sich oft über zwei, drei Jahre und ist in der Regel für alle Beteiligten keine leichte Zeit - selbst wenn der Vertragsabschluss mit einem Glas Champagner und freudestrahlenden Augen begossen wurde. Denn in dieser Zeit prallen in der Regel nicht nur zwei Generationen, sondern auch zwei unterschiedliche Perspektiven aufeinander: Während der scheidende Inhaber primär daran denkt, wie der Übergabeprozess - also die nächsten zwei, drei Jahre - gestaltet werden soll, stehen für den künftigen Eigentümer folgende Fragen im Raum:

  • Wohin soll sich das Unternehmen mittel- und langfristig entwickeln?

  • Was ist nötig, damit das Unternehmen auch nach dem Ausscheiden des bisherigen Inhabers erfolgreich im Markt agiert?

  • Wie kann der neue Inhaber die finanziellen Verpflichtungen, die er mit dem Kauf des Unternehmens eingegangen ist, erfüllen?

Aus diesen unterschiedlichen Sichtweisen resultieren unterschiedliche Prioritätensetzungen im Arbeitsalltag, woraus in der Zusammenarbeit häufig Konflikte entstehen.

Hinzu kommt: Alle Beteiligten müssen, wenn der Übergabeprozess eingeläutet wird, sich und ihre Rolle neu definieren. So muss zum Beispiel der bisherige Inhaber, der es gewohnt ist, allein Entscheidungen zu treffen, den neuen Mitinhaber und künftigen alleinigen Besitzer fortan nicht nur in seine Entscheidungsprozesse einbeziehen, sondern diesem sukzessiv auch die (alleinigen) Entscheidungsbefugnisse übertragen.

Konflikte schlagen emotionale Wunden

Dies fällt vielen gestandenen Unternehmern schwer - selbst wenn sie guten Willens sind. Denn sie sind mit dem Unternehmen, das sie oft über Jahrzehnte aufgebaut haben, emotional sehr eng verbunden. Außerdem haben sie ihren eigenen Stil entwickelt, Probleme und Herausforderungen anzugehen und zu lösen. Und darüber hinaus haben sie aufgrund ihrer Erfahrungen meist auch eine sehr dezidierte Meinung darüber, was beim Führen des Unternehmens sowie beim Umgang mit den Kunden etc. zu beachten ist. Der künftige Inhaber hingegen ist - sofern er nicht zuvor bereits Unternehmer war - in ihren Augen noch ein unternehmerisches Greenhorn, das

  • das Unternehmen sowie seinen Markt und seine Klientel noch nicht kennt,

  • sich in der Rolle des Entrepreneurs erst noch einfinden muss und

  • noch lernen muss, was geht und nicht geht.

Diese Grundeinstellung prägt oft unbewusst und unbeabsichtigt die Kommunikation mit dem künftigen Inhaber, was unweigerlich zu Konflikten führt - insbesondere dann, wenn der bisherige Eigentümer, real oder in der subjektiven Wahrnehmung des künftigen Inhabers, sich entsprechend auch gegenüber Mitarbeitern und Kunden äußert und so dessen Autorität untergräbt. Schleichen sich solche Kommunikationsmuster in den Umgang der Beteiligten ein, ist der Übergabeprozess meist nicht mehr zu steuern. Die Konsequenz: Die geplante Übergabe scheitert entweder ganz, oder im Lauf des Übergabeprozesses wird ein großer Teil des Unternehmenswerts vernichtet.