Unüberlegt und blauäugig bei der Jobwahl

Wenn die neue Stelle zur Sackgasse wird

Drum prüfe, wer sich bindet …

Den braucht nicht jeder. Kai Diemler würde zum Beispiel seinen Heimathafen im hessischen Städtchen Kronberg gern seltener sehen. Der Betriebswirt verlor vor sechs Jahren in Folge einer Umstrukturierung - "nach zwölf Jahren" – seinen Job als Geschäftsführer der deutschen Niederlassung eines internationalen Automobilindustriezulieferers. Nach fast einem Jahr erzwungener Auszeit nahm er eine Stelle als Geschäftsführer bei einem mittelständischen Baumaschinen-Hersteller an, obwohl er wusste: Dessen Inhaber hat in den zurückliegenden vier Jahren drei Geschäftsführer verschlissen. Fortan pendelte Diemler zwischen dem Wohnort seiner Familie und dem 400 Kilometer entfernten Standort des Unternehmens hin und her. Was weder ihm, noch seiner Frau etwas ausmachte.

Doch circa 15 Monate später stand Diemler erneut auf der Straße – vermutlich weil dem 77-jährigen Firmeninhaber, wie er sarkastisch sagt, "meine gestreiften Krawatten nicht mehr gefielen". Es folgte eine weitere erzwungene Auszeit von über einem Jahr, bevor Diemler Geschäftsführer bei einem Start-up in Bayern wurde. Also pendelte er erneut. Bis er circa 1,5 Jahre später wieder auf der Straße stand. Dieses Mal, weil er sich mit der Private-Equity-Gesellschaft, die das Start-up finanzierte, über dessen Strategie zerstritten hatte.

Und seitdem hat Diemler ein "echtes Problem". Denn wenn er sich nun als Geschäftsführer irgendwo bewirbt, dann kann er in den Augen seiner Gegenüber regelrecht die Frage lesen: Warum wurde der in nur sechs Jahren drei Mal gefeuert? "Dass ich zuvor ein Dutzend Jahre erfolgreich Geschäftsführer bei dem Automobilindustriezulieferer war, nimmt niemand mehr wahr. Ich bin heute für die Unternehmen", konstatiert Diemler bitter, "bestenfalls noch zweite oder gar dritte Wahl."

Vorsicht: Macher

Personalberater Walz teilt diese Einschätzung. Nach seiner Auffassung machte Diemler "als echter Macher, weil ihm zuhause die Decke auf den Kopf fiel, zwei Mal denselben Fehler" – obwohl er finanziell gut abgesichert war: Er nahm vorschnell eine Stelle an.

Bei ihm hätten zum Beispiel alle Alarmglocken schrillen müssen, als er erfuhr, dass der Inhaber des mittelständischen Unternehmens vor ihm in vier Jahren drei Geschäftsführer entlassen hatte. "Doch Diemler dachte vermutlich mit dem Hang zur Selbstüberschätzung, den viele Top-Manager haben: Ich schaffe das schon." Ähnlich war es, als die Private-Equity-Gesellschaft ihn bereits im Auswahlverfahren mit völlig unrealistischen Erwartungen bezüglich der Entwicklung des Start-ups konfrontierte. Auch da hätten bei ihm die Alarmglocken schrillen müssen. "Doch da dachte er vermutlich: Ich werde denen schon noch zeigen, wie der Hase läuft."

Diemler gibt Walz nur bedingt recht: "Es stimmt, mir fiel die Decke auf den Kopf, und ich nahm vorschnell die beiden Stellen an." Ausschlaggebend hierfür war aus seiner Warte jedoch ein anderer Punkt. Jedes Mal, wenn er arbeitslos oder freigestellt war, fing es in seiner Ehe zu kriseln an. Denn seiner Frau ging es rasch auf die Nerven, dass sie ihren Mann, denn sie zuvor nur am Wochenende sah, plötzlich täglich von morgens bis abends um sich hatte; außerdem, dass er sich plötzlich in die Haushaltsführung und Kindererziehung einmischte. Außerdem, dass er sie, wenn sie mal weg ging, stets fragte: Wo gehst du hin? Wann bist du wieder da? Soll ich dich begleiten? "Das nervte meine Frau", so Diemler, "und führte zunehmend zu Reibereien." Deshalb war ihm klar: Ich muss rasch wieder eine neue Stelle finden.

Doch inzwischen ist Diemler erneut seit über zwei Jahren arbeitslos. Deshalb hat er "als Beschäftigungstherapie" ein Beratungsunternehmen gegründet. Denn dass ihn noch einmal ein größeres Unternehmen zu seinen Konditionen als Geschäftsführer einstellt, diese Hoffnung hat er schon fast aufgegeben. Und das tägliche Joggen sowie Tennis- und Golfspielen? Das hat ein Macher wie er schnell satt.

* Die Namen und Personendaten der erwähnten Personen wurden verändert.

Kontakt und Infos: Bernhard Kuntz ist Inhaber und Geschäftsführer der PRofilBerater GmbH, Eichbergstraße 1, 64285 Darmstadt, Tel.: 06151-896590, E-Mail: info@die-profilberater.de, Internet: www.die-profilberater.de