Ausgebremste Karriere

Wenn der neue Job in der Sackgasse endet

Winken eine neue Aufgabe oder ein schöner Titel, entscheiden sich Fach- und Führungskräfte oft schnell für einen neuen Arbeitgeber. Die wenigsten fragen sich, welche Veränderungen der Jobwechsel mit sich bringt. Drei Beispiele zeigen, wenn ein vermeintlicher Karrieresprung zur Sackgasse wird.

Nicht selten nehmen hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte eine scheinbar attraktive neue Stelle an, die sich nach kurzer Zeit als Sackgasse erweist. Die Betriebswirtin Nadja Zagel (alle Namen geändert) arbeitete fast zehn Jahre als Controllerin für einen Konzern im Rheinland, bevor sie zu einem mittelständischen Maschinenbauer wechselte, um dort das Controlling neu aufzubauen. Bald merkte sie, dass die Uhren in der schwäbischen Provinz anders ticken. Die Gespräche zwischen den Kollegen drehten sich nicht mehr über die neuesten Filme oder angesagte Bars, sondern über den gesangsverein und Strickmuster.

Zagels Vorgesetzter hatte ihr in den Auswahlgesprächen weitgehend freie Hand beim Aufbau des Controllings zugesichert. Doch nun mischte er sich in fast jeden Handgriff ein. Schon nach wenigen Tagen bereute die Controllerin ihren Entschluss und sehnte sich nach Köln zurück. Deshalb war Zagel nicht enttäuscht, als ihr der Geschäftsführer Finanzen nach drei Monaten mitteilte: "Wir beenden die Zusammenarbeit mit Ihnen". Auch sie hatte gespürt, dass die Chemie nicht stimmte. Zurück in ihrer Kölner Wohnung geriet sie in Panik, da ihr klar wurde: "Wenn ich eine neue, meiner Qualifikation angemessene Stelle finden möchte, muss ich mich bundesweit bewerben - obwohl ich inzwischen weiß: Ich möchte im Kölner Raum bleiben." Mit Handkuss hätte sie denn auch wieder ihre alte Stelle in dem Konzern angenommen. Doch hierfür war es zu spät.

Der berufliche Flop und seine Folgen

Ähnliche Fehler begehen hochqualifizierte Stellensucher oft. Da sie die Konsequenzen eines Stellenwechsels nicht ausreichend reflektieren, manövrieren sie sich oft in eine Situation, in der es nur in Ausnahmefällen noch eine optimale Lösung gibt. Denn ihre Arbeitsmarktsituation ist eine andere als die von Handwerkern. Erweist sich bei einem Elektriker ein neuer Job als Flop, dann findet er meist in derselben Region einen neuen Arbeitsplatz. Anders ist es bei hochqualifizierten Spezialisten oder gehobenen Führungskräften. Ist bei ihnen der neue Job ein Flop, dann müssen sie sich meist bundesweit bewerben - also einen (erneuten) Umzug in Kauf nehmen. Außer sie sind bereit, künftig eine Wochenendbeziehung zu führen.

Viele unterschätzen, was dies bedeutet. So der Diplom-Kaufmann Klaus Feger. Sein IT-Arbeitgeber bot ihn an, von Hamburg in die Münchner Zentrale zu wechseln und dort zum "Salesmanager Europe" aufzusteigen. Feger schmeichelte das Angebot. Zudem rechnete sich aus: Wenn ich den Job zehn Jahre mache, habe ich ausgesorgt. Seine Frau war von der Jobofferte weniger begeistert. Sie wollte mit ihren beiden pubertierenden Kindern keinesfalls nach München ziehen, ließ aber ihrem Ehemann freie Wahl: "Wenn du den Job annehmen willst, dann mache es. Dann führen wir eben eine Wochenendehe."

Feger trat die Stelle an, die sich rasch als deutlich herausfordernder als gedacht erwies. Als Salesmanager Europe musste er in die entlegensten Ecken Europas reisen. Folglich wurde aus den geplanten regelmäßigen Wochenendflügen nach Hamburg oft nichts. Und wenn doch? Dann war seine Tasche voller Arbeit. Nach kurzer Zeit merkte Feger: Die neue Stelle nagt an meiner Substanz. Und nach eineinhalb Jahren wurde er mit einem Burnout in eine Klinik eingeliefert. Und weitere sechs Monate später unterschrieb er einen Auflösungsvertrag mit seinem Arbeitgeber - "mit einer satten Abfindung". Doch was hat er davon? Wenig! Gesundheitlich ist Feger zwar wieder auf dem Damm. Doch eine neue Festanstellung hat der heute 53-Jährige in den vergangenen drei Jahren nicht gefunden. Stattdessen jobbt er ab und zu einige Monate als Interimsmanager - oder wie er selbst ironisch sagt "gutbezahlter Leiharbeiter".

Was ist mir im Leben wichtig?

Den Fehler von Feger begehen hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte immer wieder. Sie reflektieren zu wenig, was eine neue Stelle konkret bedeutet. Zum Beispiel mehr Arbeit. Mehr Stress. Mehr Reisen. Ein höheres Kündigungsrisiko. Eine sehr starke Spezialisierung, die sich langfristig als berufliche Sackgasse erweisen könnte. Und noch weniger reflektieren sie: Passt die neue Stelle zu meiner Vorstellung von einem erfüllten Leben? Zum Beispiel:

  • Macht mir die Arbeit voraussichtlich langfristig Spaß und erachte ich sie als sinnvoll?

  • Kann ich abends bei meiner Familie sein?

  • Kann ich weiterhin meinen Hobbies frönen und meinen Freundeskreis pflegen?

Dabei wäre das wichtig.Ist eine Führungskraft mit ihrem Leben unzufrieden, sind ihre Akkus schnell leer. Also erbringt sie auch keine Top-Leistungen mehr.

So hätte zum Beispiel Feger in Hamburg den Salesmanager-Job gewiss problemlos gemeistert. Doch mit dem "ewigen Hin und Her zwischen Hamburg und München" kam er nicht klar. Denn er ist ein "Familienmensch" und braucht seinen "Heimathafen".