Mitarbeiter werben Mitarbeiter

Wenn aus Freunden Headhunter werden

Jobs nur über Vitamin B?

Besonders Familienunternehmen oder kleinere, mittelständische Firmen sollten sich nicht zu stark auf diesen Rekrutierungsweg festlegen, empfiehlt Quenzler, denn das gefährde den guten Ruf. Wer vor allem über Empfehlung Mitarbeiter gewinnt und keine Stellen ausschreibt, bleibt für Bewerber unsichtbar. "Schnell entsteht das Gerücht, dass man nur über Beziehungen an einen Job kommt. Dann ist gleich auch von Spezlwirtschaft die Rede und das schadet dem Unternehmen", sagt der Professor.

"Wer seinen Arbeitgeber aus Überzeugung einem Freund empfiehlt, der aber nach ein paar Monaten enttäuscht wieder kündigt, kann auch die Freundschaft aufs Spiel setzen. Manchmal zerbrechen sie, wenn sich der Arbeitgeber als weniger attraktiv entpuppt", warnt der Wissenschaftler. Auch Unternehmen müssen dem Eindruck entgegen treten, neue Mitarbeiter mit Beziehungen zu bevorzugen und schneller zu befördern.

Wenn der Freund vom Chef Kollege wird

Der Ingolstädter Professor empfiehlt Führungskräften, offen mit ihren Teams darüber zu sprechen, wenn ein Freund des Chefs ins Team kommt. "Damit keine Gerüchte entstehen, empfehle ich, solche Konstellationen offen anzusprechen. Es muss auch klar gesagt werden, dass der neue Mitarbeiter keine Privilegien genießt, nur weil er jemanden im Unternehmen kennt. Es gelten für alle die gleichen Spielregeln und Karriereperspektiven." Das klingt professionell, doch ist es auch realistisch? Traut sich ein Mitarbeiter, den als hochgelobten Spezialisten und besten Freund des Teamleiters vorgestellten Kollegen zu kritisieren, wenn der sich als Faulpelz und Fehlbesetzung entpuppt?

Stellt sich bei der Anwerbung eines Freundes der Arbeitgeber im Nachhinein als wenig attraktiv heraus, so kann dies die Freundschaft entscheidend gefährden und sie sogar in die Brüche gehen lassen.
Stellt sich bei der Anwerbung eines Freundes der Arbeitgeber im Nachhinein als wenig attraktiv heraus, so kann dies die Freundschaft entscheidend gefährden und sie sogar in die Brüche gehen lassen.
Foto: William Perugini

Professionelle Personalauswahl verhindert Spezlwirtschaft

Gerade Startups tappen manchmal in die Falle, nur Freunde von Freunden einzustellen, ohne deren Qualifikation genau zu prüfen. "Ein Inhaber kann die ersten 50 Mitarbeiter noch persönlich einstellen, doch spätestens dann sollten sie sich professionalisieren und sich jemanden außerhalb des eigenen Freundeskreises für diese Aufgabe suchen", empfiehlt Personalberater Busold. Selbst wenn das Unternehmen kein Geld für eine solche Position ausgeben will, helfen externe Experten, die die Instrumente der Eignungsdiagnostik beherrschen oder auch ein Assessment-Center professionell organisieren können. Nur eine Empfehlung reiche nicht als Qualitätscheck. Und "eine Empfehlung ist kein Freifahrtschein", ergänzt Sopra-Steria-Personaler Donat. Auch jeder Bewerber, der auf Empfehlung zu ihm komme, durchläuft das gesamte reguläre Auswahlverfahren.

Auf Diversity, also Vielfalt hinsichtlich Alter, Nationalität und Geschlecht, setzen vor allem internationale Konzerne. Mit so einer Initiative wie "Mitarbeiter werben Mitarbeiter" steigt aber die Wahrscheinlichkeit einer homogenen Mannschaft. "Natürlich stelle ich Auftraggebern die Frage, ob sie jemanden suchen, der so tickt wie sie oder jemanden, der als Querdenker neue Ideen ins Unternehmen bringt", sagt Busold. "Einfacher und harmonischer ist es, jemanden ins Team zu holen, der ähnlich tickt, denn das bedeutet für alle: Der Neue macht keinen Stress", weiß Busold. "Seltener entscheiden sich Firmen für jemanden, der ganz anders denkt. Das ist auf jeden Fall anstrengender." Auch Quenzler kennt das Dilemma der Unternehmen. "Unterschiedliche Menschen ins Team zu integrieren ist am schwierigsten, doch wenn es gelingt, ist es befriedigend und kann neue Impulse bringen."