Weg mit der Steckdose

Das Institute of Electrical and Electronics Engineers wird demnächst "IEEE 802.11af" als Standard anerkennen. Nach der Spezifikation erhalten IP-Telefone, Kameras und andere Geräte ihren Strom über das Datenkabel.

Von: Bernd Reder

Die Idee, die Datenverkabelung dazu zu nutzen, um Kommunikationsgeräte mit Strom zu versorgen, ist nicht neu. Die Hersteller von IP-Telefonen schauten diese Idee den Anbietern von "normalen" Telefonanlagen ab und entwickelten Systeme mit so genannter "In-Line Power". Der Haken dabei war, dass es sich in der Regel um proprietäre Verfahren handelt, das bedeutete, der Anwender musste sich auf Systeme einer Firma festlegen, wollte er In-Line Power nutzen.

Mit IEEE 802.3af soll das anders werden. Die Arbeiten an dieser Norm sind abgeschlossen, sodass in Kürze standardkonforme Power-over-Ethernet-Produkte zu erwarten sind. Wie üblich haben diverse Hersteller bereits im Vorfeld entsprechende Komponenten herausgebracht, von Switches bis hin zu Wireless-LAN-Access-Points und "Wireless Switches".

Generell kommen folgende Systeme für die Stromversorgung via Datenleitung in Frage:

- WLAN- und Bluetooth-Access-Points,

- IP-Telefone,

- kleine Ethernet-Switches oder Printserver,

- Desktop-PCs,

- Webkameras,

- Personal Digital Assistants,

- IP-gestützte Sicherheitssysteme,

- Geräte und Sensoren, die in der Industrieautomation eingesetzt werden, sowie

- Multimedia-Kioske.

IEEE 802.3af nutzt die Tatsache, dass Ethernet (10Base-T) und Fast-Ethernet (100Base-T) jeweils zwei Leitungspaare dazu verwenden, um Daten zu senden und zu empfangen. Kabel der Kategorien 5, 5e und 6 verfügen allerdings über acht Leitungen: Vier sind für den Signaltransport erforderlich, die anderen zwei Paare stehen zur freien Verfügung, lassen sich also für die Stromübertragung nutzen. Nach Angaben von 3Com sind das die Pins 4 und 5 sowie 7 und 8.

Ein wenig anders funktioniert die "Fernversorgung" mit Strom in älteren Netzen mit Kategorie-3-Kabeln. Sie bestehen nur aus vier Drähten. Gleiches gilt für Gigabit-Ethernet, denn bei 1000Base-T werden alle vier Leitungspaare für die Signalübermittlung verwendet. Deshalb wurde ein ergänzendes Verfahren entwickelt, die so genannte "Phantom"-Einspeisung über die Datenleitungen. Sie greift auf die Kabelpaare zurück, die eigentlich für den Signaltransport vorgesehen sind, als 1 und 2 sowie 3 und 6.

Ein PoE-System besteht zum einen aus einer Komponente, die für das Einspeisen der Versorgungsspannung zuständig ist, dem "Power Sourcing Equipment" (PSE), zum anderen aus den entsprechenden Endgeräten, den "Powered Devices" (PD). Jedes PD ist mit dem PSE verbunden, das heißt es wird eine Sterntopologie aufgebaut. Bei Bedarf, so der israelische Power-over-Ethernet-Spezialist Powerdsine, lassen sich die Endgeräte, etwa IP-Telefone, zudem mit einem Splitter ausrüsten. Er trennt Ethernet-Datensignal und Spannung.

Es empfiehlt sich, eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) in eine solche Struktur zu integrieren. Sie wird normalerweise an das Power Sourcing Equipment angeschlossen. Die USV stellt sicher, dass bei Ausfall des Stromnetzes oder Spannungsschwankungen die Endgeräte weiterhin funktionieren. Ein Vorteil von IEEE 802.3af ist, dass eine einzige USV ausreicht, um das Netz abzusichern. Es ist nicht erforderlich, für jedes Endgerät eine eigene unterbrechungsfreie Stromversorgung bereitzustellen.

Eine Kategorie-5-Verkabelung verkraftet in der Regel einen Gleichstrom in Höhe von ein bis zwei Ampere. Um Qualitätsschwankungen der Kabel aufzufangen und auf der sicheren Seite zu sein, sieht der IEEE-Standard einen Wert von maximal 350 Milliampere pro Netzwerkknoten vor. PSE stellen 15,4 Watt über 48 Volt Gleichspannung bereit. Einen kleinen Teil der Leistung absorbiert das Kabel, sodass jedem Endgerät im Endeffekt bis zu 12,95 Watt zur Verfügung stehen. Die maximal zulässige Entfernung zwischen Verbraucher und Spannungsquelle beträgt laut Norm 100 Meter.