Karriere-Ratgeber

Was ist wichtiger: Berufserfahrung oder Studium?

Durchforstet man ausgeschriebene Stellen für IT-Profis, so wird ein abgeschlossenes Studium meistens vorausgesetzt. Aber es ist nicht hoffnungslos, ohne Uni- oder FH-Besuch unterzukommen. Allerdings bedarf überdurchschnittlichen Engagements.

Im SAP- und Microsoft-Dynamics-Umfeld ist beispielsweise vor allem ein Studium der Wirtschaftsinformatik gefragt, wie ein Leser des Online-Karriereratgebers unserer Schwesterpublikation Computerwoche beobachtet. Er ist 26 Jahre alt und hat sieben Jahre Berufserfahrung in der IT - davon drei Jahre IT-Ausbildung (IT-Systemelektroniker), danach Wechsel in den Bereich ERP-Beratung. In dieser Zeit habe er Kenntnisse in der Prozessoptimierung erworben und Seminare zu den Themen Sozialkompetenz, Rhetorik und Itil besucht. "Ich habe nicht studiert, bringe aber einiges an Berufserfahrung mit", schreibt der CW-Leser.

Jens Rieger, Maiborn Wolff et al.: "Ein fehlender Hochschulabschluss verschließt die Türe in das gewünschte IT-Gebiet nicht komplett, aber der Eintritt ist schon deutlich schwieriger."
Jens Rieger, Maiborn Wolff et al.: "Ein fehlender Hochschulabschluss verschließt die Türe in das gewünschte IT-Gebiet nicht komplett, aber der Eintritt ist schon deutlich schwieriger."

Deshalb fragt er, wie Arbeitgeber die Berufserfahrung einschätzen und honorieren, wenn ein Studium fehlt. "Verschließt mir das fehlende Studium die Tür zum Job oder kann ich meine Kompetenzen in irgendeiner Art und Weise ausgleichen?", will er nun wissen. Und weiter: "Welche Weiterbildungskurse sind sinnvoller, eher technische, aufs Produkt bezogene (etwa SAP-/ Microsoft-Dynamics- Grundlagen und Administration) oder eher solche zur Erweiterung der Sozialkompetenz, Rhetorik oder Itil?"

Jens Rieger, Mitglied der Geschäftsleitung beim Münchner IT-Dienstleister Maiborn Wolff et al. meint: "Ich würde nicht sagen, dass Ihnen der fehlende Hochschulabschluss die Türe in das gewünschte IT-Gebiet komplett verschließt, aber der Eintritt ist schon deutlich schwieriger. Viele Firmen, vor allem die großen, filtern ihren Bewerbungseingang nach formalen Kriterien. Der Hochschulabschluss ist dabei ein wichtiges K.o-Kriterium. In diesem Fall schafft es Ihre Bewerbung gar nicht erst in die Fachabteilung, um auch fachlich bewertet zu werden. Bei manchen Firmen haben Sie vielleicht die Chance, durch ein offensives aber nicht arrogantes Anschreiben trotzdem eingeladen zu werden. In jedem Fall müssen Sie sich auf mehr Absagen einstellen als mit einem gut abgeschlossenen Studium."

Gibt es dennoch andere Wege, in das Wunsch-IT-Gebiet zu gelangen? Dazu hätte Jens Rieger zwei Vorschläge:

  1. Können Sie bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber in Ihr Wunsch-IT-Gebiet wechseln? Sie bauen sich dort das fachliche Know-How auf und wechseln erst später den Arbeitgeber - wenn überhaupt noch notwendig.

  2. Sie wechseln in Ihrem jetzigen Fachgebiet zu einem Arbeitgeber, der auch in Ihrem Wunsch-IT-Gebiet tätig ist. Beim neuen Arbeitgeber angekommen, organisieren Sie intern mittelfristig den Wechsel zu Ihrem Wunschthema.

Die Beantwortung der Frage nach der Weiterbildung hängt stark von der eigenen Persönlichkeit und seinen Neigungen ab, führt Rieger an. "Generell halte ich eine ausgewogene Verteilung von Fachwissen, Methodik und Soft Skills für wichtig. In Ihrem Fall würde ich dem Fachwissen und Methodenkursen den Vorzug geben, um dann als Produktexperte attraktiv für künftige Arbeitgeber zu sein."

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche. (cvi)