Cisco und Lancom zum IPv6-Umstieg

Vor- und Nachteile der Migration von IPv4 auf IPv6

Jetzt auf IPv6 umsteigen?

CW: "Warum sollten IT-Verantwortliche nicht einfach länger IPv4 nutzen mit Techniken wie Tunneling, Translation oder Gateways?"

Wietrychowski, Cisco: "Das sind nur Behelfslösungen, die der IT-Abteilung das Leben schwermachen, etwa wenn eine Applikation in ein Unternehmensnetz hineingreifen soll und einfach nicht "ge-NAT-et" werden kann. Nehmen Sie als Beispiel eine Voice-Kommunikation. Wie soll ein IPv6-Node eine Verbindung mit einem IPv4-Knoten aufbauen? Das geht erst einmal nicht. Sicherlich können Sie Gateways verwenden. Das bedeutet aber zusätzlichen Betriebsaufwand: Sie müssen das Gateway pflegen, Sie müssen NAT von v4 nach v6 und umgekehrt machen, Sie müssen sicherstellen, dass ihre Applikation das auch versteht. Der Aufwand wird so groß, dass es effizienter ist, einen Schnitt zu machen und IPv6 aufzubauen. So kommt dann der Punkt, an dem es finanziell günstiger ist, umzustellen."

CW: "Warum sollten Unternehmen nicht sofort IPv6 nutzen?"

Traber, Lancom: "Ein Leitspruch für Administratoren lautet: "Never touch a running system". Solange ein Unternehmen alle Kunden und Partner ansprechen und von diesen auch erreicht werden kann, gibt es keinen zwingenden Grund, IPv6 zu nutzen. Im Gegenteil: So wie selbst jetzt noch nach Jahrzehnten der Entwicklung Fehler im IPv4-Protokoll gefunden werden. wird es gerade am Anfang der IPv6-Einführung zu Schwierigkeiten kommen. Es empfiehlt sich, einen gewissen Reifeprozess für IPv6 abzuwarten, bevor eventuell unternehmenskritische Dienste über dieses Protokoll abgewickelt werden. Im internen Netzwerk eines Unternehmens überlagern die Risiken einer Migration deutlich die Vorteile. Hier gibt es keinen Grund, ein funktionierendes Netzwerk zu verändern."

CW: "Wie stehen Sie zum IPv4- und IPv6-Mischbetrieb?"

Wietrychowski, Cisco: "Es ist nicht realistisch anzunehmen, dass ein Unternehmen von heute auf morgen von IPv4 auf IPv6 wechselt. Wo es möglich ist, sollte der Anwender einen Dual Stack fahren. Zumal dies im Vergleich zu NAT eine saubere Kommunikation ist. Überall dort, wo es geht, sollte Stand heute Dual Stack genutzt werden. Auf der Netzseite ist dies über VLANs relativ einfach zu realisieren.

Aber der Teufel steckt im Detail: Wie sieht es auf der Anwendungsseite aus, welche Verkehrsmengen und -beziehungen existieren? Oder kann ich eine Applikation, die eventuell 1998 gekauft wurde und auf die 30 Prozent der Mitarbeiter zugreifen, überhaupt IPv6 ready machen, oder muss ich sie weiterhin auf IPv4 lassen? Dann brauche ich in der Regel ein IP-Translation-Gateway, durch das alle meine IPv6 PCs müssen. Hier kann ein Nadelöhr entstehen. Sie sehen, es gibt viele Detailfragen, die eine Menge Implikationen für das Netzdesign haben können."

Traber, Lancom: "Dieser Mischbetrieb wird über viele Jahre aus den schon angesprochenen Gründen eher die Regel als die Ausnahme sein. Wir offerieren eine Betriebssystemversion für unsere Geräte, mit der dieser Mischbetrieb problemlos möglich ist."