Recruiting via PC

Vom Roboter eingestellt

Auch hierzulande erste Versuche

Der Roboter beurteilt Bewerber nicht nur gerechter, er ist auch schneller und effizienter. Zum Beispiel, wenn es darum geht, Lebensläufe zu durchkämmen. Deshalb lassen 95 Prozent aller US-Konzerne Unterlagen per Computerprogramm aussieben. Darauf haben sich die Jobsuchenden in den Staaten bereits eingestellt: Im Internet kursieren Anleitungen mit der Überschrift "So machen Sie Ihren Lebenslauf roboterfreundlich". Kandidaten erfahren hier, dass sie auf kreatives Layout und phantasievolle Formulierungen pfeifen können, da der Roboter diese ohnehin ignoriert. Stattdessen wird Telegrammstil empfohlen - Zahlen, Daten, Fakten, alles sauber aufgelistet. So sieht eine Bewerbung aus, die der Maschine gefällt (siehe unten "So machen Sie Ihren Lebenslauf maschinenlesbar").

In Deutschland gehört Bosch zu den ersten Firmen, die Lebensläufe mit Rechnerhilfe sichten. Der Konzern bekommt jedes Jahr 200.000 Bewerbungen und setzt eine Software des niederländischen Herstellers Textkernel zum Sortieren ein. "Wir wollen die Bewerbung einfacher und intuitiver machen", sagt Melanie Ebelle, Projektleiterin Selection bei Robert Bosch in Gerlingen. Tatsächlich erleichtert der Lebenslauf-Filter nicht nur den Mitarbeitern in den Personalabteilungen, sondern auch den Kandidaten die Arbeit: Sie müssen nur noch ihren Lebenslauf hochladen, die Software kümmert sich um den Rest. Sie findet die passenden Angaben zu Ausbildung und beruflichen Stationen und trägt sie in ein Online-Profil ein. "Das erspart es, Daten noch einmal eingeben zu müssen", lobt Ebelle auf der Website von Textkernel.

Künftig werden nicht nur aktive Jobsucher in Kontakt mit den Rekrutierungs-Robotern kommen, sondern auch ganz normale, womöglich zufriedene Angestellte. Immer mehr Unternehmen gehen von sich aus auf Talentsuche: Weil Fachleute knapp sind und die Postkörbe leer, betreiben sie aktiv Rekrutierung. Dafür werden spezielle Programme genutzt: Sie scannen soziale Netzwerke wie Xing oder LinkedIn nach Menschen mit passenden Werdegängen oder stöbern in Fachforen Menschen auf, die sich zu bestimmten Themen äußern. Findet die Software einen aussichtsreichen Kandidaten, nimmt ein Personaler persönlich Kontakt auf. Was früher Aufgabe des Headhunters war, erledigt jetzt also der Algorithmus. Die IBM-Software Kenexa kann schon an über 2000 sogenannten Kommunikationsorten online nach Talenten suchen. "Die Herausforderung besteht darin, dass der Algorithmus erkennt, worum es in der Konversation geht", erklärt Kenexa-Mann Berger. Ein Beispiel: Wer einen Profi für Hosting sucht, stößt nicht nur auf Spezialisten für IT, sondern auch für Bewirtung - denn auch diese Bedeutung hat das Wort im Englischen. Nur der gute Roboter kennt den Unterschied und findet die Rechenzentrums-Profis.

Little statt Big Data ist die Regel

Wird der Recruiter also bald durch einen Rechner ersetzt? So schnell nicht, sagen Experten. Bis zur vollautomatischen Nachwuchsbeschaffung sei es noch ein weiter Weg. Ein Grund: Statt Big Data gibt es in vielen Unternehmen nur Little Data - es fehlt schlichtweg an digitalen Informationen. "Nur gut jedes dritte Unternehmen weiß im Detail, über welche Kanäle Bewerber auf eine ausgeschriebene Stelle aufmerksam geworden sind", gibt Tim Weitzel, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität Bamberg, als Beispiel. Mit anderen Worten: Die meisten Unternehmen wissen heute nicht, was in der Rekrutierung funktioniert hat und was nicht. Und wer die Erfolgsmuster nicht kennt, kann sie auch nicht rechnerunterstützt wiederholen.