Vom Chaos der Freiheit

Knapp zwei Wochen nach der endgültigen Liberalisierung des deutschen TK-Marktes war es sicherlich zu früh, bahnbrechende neue Erkenntnisse auf einer Tagung der IIR Mitte Januar in Köln zu erwarten. Ein Stimmungsbild über die ersten hektischen Tage sowie einige nähere Einblicke in die Positionierung einzelner Unternehmen konnte die Veranstaltung allerdings vermitteln.

Von: Achim Born

Das Minimalziel ist erreicht worden", zog Bernd Kraft vom VTM (Verband für Telekommunikation und Mehrwertdienste - inzwischen mit dem Verband der Anbieter von TK-Diensten VAT zum VATM fusioniert) ein mageres Zwischenfazit auf der IIR-Tagung "Trends in der Telekommunikation" in Köln. Er zollte der Politik der Deutschen Telekom (DTAG) gegenüber der neuen Konkurrenz Anerkennung: "Die Taktik der Verzögerung ist perfekt aufgegangen." Mittelfristig werde sich die DTAG hierdurch allerdings eher Nachteile einhandeln.

Kraft zählte all die Punkte auf, die nach seiner Meinung zu einem Investitionsstau wegen der (noch) fehlenden Rendite-Sicherheit führen: das Verhandlungskonzept der DTAG, die Einschaltung der Gerichte, die umständlichen administrativen Prozesse für den Wechsel der Teilnehmeranschlußleitung, die zu spät veröffentlichten Verordnungen und hieraus resultierenden Pflichten zum Telekommunikationsgesetz und schließlich die riesige Regulierungsbehörde mit betriebswirtschaftlichen Know-how-Lücken.

Ein kleines Chaos registrierte Kraft in den ersten Tagen nach der Freigabe des Telefonverkehrs, bedingt auch durch die Versuche der neuen Anbieter, den eigenen Namen und "Preselection" über Kampfpreise bekannt zu machen. Die Preis-Erosion würde den Druck auf Newcomer erheblich erhöhen. Die Strategie des "Me too" und die Konzentration zu vieler Firmen mit nahezu identischen Angeboten für die Geschäftskunden machte der VTM-Sprecher als weitere Problemfelder aus. Gleichwohl gab er sich verhalten optimistisch bezüglich der künftigen Entwicklung.