Virtuelle Kettensäge

Forscher des Fraunhofer IGD haben die virtuelle Welt in Richtung Tastsinn erweitert. Damit lässt sich beispielsweise der Umgang mit Werkzeugen üben.

Die „Cybersaw“ kommt einer echten Kettensäge schon recht nahe. Einmal am Anlasser gezogen, ertönt das laute Motorengeräusch. Die Säge in der Hand, setzt der Nutzer das reale Werkzeug auf einem Plexiglasstamm an, der vor ihm steht. Auf einer Projektionsleinwand hinter dem Plexiglasstamm erkennt der Anwender stattdessen einen Sägebock inmitten eines Bauernhofs. Er sieht, wie sich das Kettenblatt durch den Baumstamm sägt, während er mit seinen Händen den Widerstand des Kiefernholzes und das Vibrieren der Säge spürt.

Auf einem virtuellen Sägebock inmitten eines idyllischen Bauernhofs kann man die Kettensäge "Cybersaw" ausprobieren. Foto: Fraunhofer IGD
Auf einem virtuellen Sägebock inmitten eines idyllischen Bauernhofs kann man die Kettensäge "Cybersaw" ausprobieren. Foto: Fraunhofer IGD
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Für die Cybersaw haben Forscher am Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD komplexe Technologien miteinander vereint: „Mixed Reality“ nennen sie die Systeme, die die reale Welt mit einer virtuellen Realität vermischen. Eine Computer-Vision-Software sorgt für die optische Wahrnehmung.

„An dem Stamm aus Plexiglas ist eine Kamera befestigt. Über Leuchtdioden, die am Schwert der Säge angebracht sind, ermittelt die Kamera die genaue Position und überträgt sie auf das virtuelle Bild der Kettensäge, das auf der Leinwand zu sehen ist“, erklärt Michael Zöllner, der die Cybersaw entwickelt hat.

Vollkommen „gefühlsecht“ soll die Cybersaw durch weitere Extras werden. So haben die Forscher Motor und Vergaser durch Elektronik und Vibrationsmotoren ersetzt. Damit soll sich die Säge in der Hand echt anfühlen. Der bewegliche Plexiglasstamm bietet der Säge den Widerstand des Holzes. Durch den simulierten Sound eines aufheulenden Motors kann der Nutzer dann endgültig in die Holzfällerwelt eintauchen.

„Unser System bietet ein natives Interface“, so Zöllner weiter. „Das heißt die virtuelle Umgebung entspricht vollständig der realen. Normalerweise muss man dem Nutzer einer virtuellen Welt erst die Technik erklären – etwa wie man eine Datenbrille bedient. Hier kann er ohne Erklärungen sofort loslegen.“

Mixed-Reality-Umgebungen sind keine Spielerei. Personen, die etwa den Umgang mit komplizierten Werkzeugen erlernen müssen, sollen sich so besser schulen lassen. In Auftrag gegeben hat die Cybersaw der Werkzeughersteller Dolmar.

Die Forscher des IGD arbeiten derzeit an der Entwicklung von medizinischen Simulationsumgebungen. Hier können Mediziner den Umgang mit Endoskopen üben. So tauchen sie nicht nur optisch in einen virtuellen Körper ein, sondern spüren beispielsweise auch, wenn sie an eine Gefäßwand stoßen. (dsc)