ttt: Pentium III sollte verboten werden

Vor tausend Tagen: Intel hat wieder Ärger mit der Seriennummer des Pentium III: Eine Beratungsorganisation des Europäischen Parlaments empfiehlt, den Prozessor nach weiteren Untersuchungen nicht mehr für den Einsatz in Europa zuzulassen.

Diese Meldung erschien bei tecCHANNEL vor 1000 Tagen am 25.11.1999. Mit unserem Service "Tausend Tage tecCHANNEL" (ttt) weisen wir noch einmal auf wichtige Entwicklungen der Vergangenheit hin und prüfen, was aus hochgelobten Trends und Technologien geworden ist.

Der neueste Report der STOA macht zur Processor Serial Number (PSN) folgenden Vorschlag:

"(...) die zuständigen Komitees des Europäischen Parlaments sollten dazu aufgefordert werden, rechtliche Maßnahmen zu erwägen, um zu verhindern, dass mit einer PSN oder etwas Ähnlichem ausgestattete Chips in den Computern von europäischen Bürgern, Firmen und Organisationen installiert werden."

Das "Scientific and Technological Options Assessment" erstellt direkt für das Europäische Parlament Berichte in leicht verständlicher Sprache, die aktuelle Technologietrends bewerten. Die STOA-Berichte werden auch in den Entscheidungsprozess für EU-Resolutionen einbezogen, die dann von den EU-Staaten in nationales Recht umgesetzt werden müssen.

Der STOA-Report 3.5, so der Name des Dokuments, wurde dem Europäischen Parlament bereits übergeben, wie STOA-Direktor Dick Holdsworth tecChannel auf Anfrage bestätigte.

Der Bericht, der noch nicht auf der Webseite der STOA veröffentlicht ist, stammt von dem für die STOA tätigen Mathematiker und Kryptografie-Experten Franck Leprevost. Er ist unter anderem an der TU Berlin und der Universität von Paris tätig. Leprevost forscht in den Gebieten Kryptografie, differenzielle Mathematik, Watermarking und Quantencomputer.

Als akute Sicherheitsrisiken für die EU sieht er neben der möglicherweise fälschbaren PSN auch das Abhören von ISDN-Verbindungen und die Abhörmöglichkeiten von US-Geheimdiensten für in Europa eingesetzte Verschlüsselungsverfahren.

Außerdem weist Leprevost darauf hin, dass die per BIOS ausschaltbare Seriennummer nachträglich wieder eingeschaltet werden kann. Hier ist allerdings anzumerken, dass dazu ein erheblicher technischer Aufwand an der lokalen Maschine eines Benutzers erforderlich ist. Bisher sind noch keine Fälle bekannt geworden, wo die PSN beispielsweise über ein ActiveX-Control wieder eingeschaltet worden wäre.

Ähnliche Probleme mit der PSN hatte Intel schon in China, wie Intels Vizepräsident Pat Gelsinger in einem Interview mit tecCHANNEL bereits erläuterte. Die chinesische Regierung hatte man mit Gesprächen wieder beruhigen können. Wie heute zu erfahren war, betreibt Intel auch in Brüssel intensives Lobbying. Allgemein bewertet der Chipgigant die fortlaufende Diskussion um die PSN als "nicht so spannend". Seit die Empfehlung an die PC-Hersteller ergangen ist, die Seriennummer standardmäßig abzuschalten, haben sich auch die sonst sehr scharfen deutschen Datenschützer wieder beruhigt.

Dass die EU in Kürze den Pentium III schlicht verbieten wird, ist daher nicht zu erwarten. Spannend bleibt aber die Frage, wie das EU-Parlament auf die Vorschläge der STOA reagiert - und welchen Einfluss Intels Team in Brüssel darauf hat. (nie)

Im April 2000 hat sich Intel entschieden, auf die Serial Number (PSN) endgültig zu verzichten. Beginnend mit dem Willamette hat Intel die Nummer deshalb abgeschafft. Mit dem kürzlich von Microsoft vorgestellten Sicherheitskonzept Palladium sind ein Teil der Bedenken gegen im Chip fest codierte Features wieder erwacht, allerdings nicht wegen Intel allein. Microsoft nennt auch AMD als Partner, der bei der Entwicklung von speziellen Sicherheits-Chips mitwirkt. Und siehe da, auch die EU hat sich wieder eingeschaltet. (uba)