Spiel mit dem Feuer

IEEE 802.3ae HSSG Higher Speed Study Group

Der Arbeitskreis IEEE 802.3ae, der sich mit 10-Gigabit-Ethernet beschäftigt, hat in Kauai sein PAR erreicht, der offizielle Startschuß zur Normierung ist also gefallen. Die Grundzüge der neue Technik liegen bereits fest. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe einigten sich auf folgende Basiselemente ("Objectives"):

- Beibehaltung des 802.3- und Ethernet-Frame-Formats,

- Einhaltung der IEEE 802 Functional Requirements mit Ausnahme des Hamming-Abstandes,

- Beibehalten der bestehenden minimalen und maximalen Frame-Länge,

- lediglich Vollduplex-Modus nach IEEE 802.3x,

- Unterstützung von Sternstrukturen mit Punkt-zu-Punkt-Verbindungen,

- strukturierte Verkabelung nach ISO/IEC11801 (zweite Ausgabe),

- Einsatz von Glasfaserkabeln (es liegt bisher kein Vorschlag für Kupferkabel vor),

- optionales medienunabhängiges Interface (xGMII),

- Unterstützung von P802.3ad (Link Aggregation),

- Übertragungsgeschwindigkeit von 10 000 MBit/s am MAC-Service-Interface,

- zwei PHY-Familien mit LAN PHY (10 000 MBit/s) und WAN PHY (OC-192 beziehungsweise SDH VC-4-64c mit 9953,280 MBit/s),

- ein Mechanismus, um beide Geschwindigkeiten aufeinander abzubilden sowie

- mehrere physikalische Interfaces: 100 m über installierte Multimode-Faser, 300 m über neue Multimode-Lichtwellenleiter und mindestens 2 km über Singlemode-Glasfaser (bis 40 km).

Wichtig ist vor allem, daß nur noch der Vollduplex-Modus unterstützt wird. Das bedeutet den Abschied vom CSMA/CD-Zugriffsverfahren und damit vom klassischen Ethernet. Gigabit-Ethernet war also die letzte Ethernet-Technologie, auch wenn 10-Gigabit-Ethernet noch diesen Namen trägt. Diese Tatsache wirft die Frage auf, ob die IEEE-802.3-Gruppe dazu berechtigt ist, Normen für 10GBE zu entwickeln. Eine Antwort darauf steht noch aus.

Im Gegensatz zu Gigabit-Ethernet gibt es bei 10GBE keinen Vorstoß, der in Richtung "10000Base-T" zielt, also die Übertragung über Kupferkabel. Aus technischer Sicht wäre das auch nicht sinnvoll. Der wichtigste Punkt aber ist, daß 10GBE auch Sonet/SDH unterstützt. Es wird also zwei unterschiedliche physikalische Schnittstellen geben: eine für den LAN-Bereich mit 10 000 MBit/s und eine für Weitverkehrsnetze mit 9953,280 MBit/s, die der Sonet/SDH-Stufe entspricht. Mit diesem Schritt dehnt Ethernet seinen Definitionsbereich in den Weitverkehrsbereich aus. Damit "kämpfen" jetzt drei Technologien um das Internet: ATM, "Packet over Sonet/SDH" (PoS) und Ethernet. Alle bieten SDH/Sonet-Interfaces; das Framing bei ATM wird durch AAL5 bereitgestellt, PoS bietet PPP über HDLC und Ethernet schließlich sein bekanntes Framing.

Interessant ist der Ansatz der seriellen physikalischen Schnittstelle namens "Hari" (kein Mensch weiß, wofür diese vier Buchstaben stehen). Interessant an "Hari" ist, daß das Interface zusammen mit anderen Techniken spezifiziert wird, etwa Fibre Channel. Unverständlich ist, warum das nicht auch zusammen mit ATM erfolgt.

Der Zeitplan der "Higher Speed Study Group" orientiert sich an der Vorgehensweise bei Fast- und Gigabit-Ethernet. Das bedeutet, daß im Jahr 2002 mit einer Normierung von 10GBE zu rechnen ist und deshalb bereits im Sommer kommenden Jahres die Vorschlagsfrist abläuft.