Standort, Verfügbarkeit, Redundanz, Brandschutz und Co.

So planen Sie ein betriebssicheres Rechenzentrum

Den richtigen Standort wählen

Bevor es an die Planung und Auslegung der technischen Komponenten für die angestrebte Verfügbarkeit geht, muss im ersten Schritt der richtige Standort für das Rechenzentrum gefunden werden. Ein absolutes Muss bei der Standortwahl ist die Risikobewertung. Es ist genau zu analysieren, ob es sogenannte "Arealrisiken" gibt, die die Wahrscheinlichkeit eines potenziellen Ausfalls erhöhen können.

Dazu zählen geografische Aspekte, etwa die Gefährdung durch Luftverkehr oder Hochwasser, und politische Gesichtspunkte wie die Kriegs- oder Terrorgefahr. Auch feuergefährdete Betriebsstätten wie Tankstellen sowie Öl-, Gas- und Chemikalienlager in der Nachbarschaft sind sicherheitsrelevante Faktoren, die in die Standortbetrachtung einfließen müssen.

Mindestanforderungen für Betriebssicherheit definieren

Sobald der geeignete Standort gefunden ist, sind die Mindestanforderungen zu klären, die das künftige Rechenzentrum im Rahmen des IT-Konzepts erfüllen muss, sowie die angestrebte Verfügbarkeit der IT-Systeme. Es muss klar definiert sein, wie hoch die maximal tolerierbaren Ausfallzeiten der Unternehmens-IT sein dürfen, wobei auch künftige Anforderungen zu berücksichtigen sind. Ist zum Beispiel eine internationale Expansion geplant, sollte von Beginn an eine sehr hohe Verfügbarkeit eingeplant werden.

Dieser wie auch weitere Faktoren bestimmen dann die Planung sowie Bauart und -größe, die elektrische Leistung, Wärmeabführung, Verkabelung, Gebäude- sowie Daten- und Ausfallsicherheit wie auch die verwaltungstechnische Organisation. Auch auf Energieeffizienz, Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) und Redundanz kritischer Komponenten ist zu achten. Eine erste Orientierung zur Gestaltung des Rechenzentrums bieten dabei die vom BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) herausgegebenen IT-Grundschutz- und Maßnahmenkataloge für das Rechenzentrum.

Gewünschte Verfügbarkeit festlegen

Verfügbarkeitsklassen nach BSI 16 zu 9.
Verfügbarkeitsklassen nach BSI 16 zu 9.
Foto: Bitkom

Für den Nutzer ist besonders die Verfügbarkeit und somit die Ausfallsicherheit eines Rechenzentrums wichtig. Laut einer Definition des ITK-Branchenverbandes Bitkom wird "ein System als verfügbar bezeichnet, wenn es in der Lage ist, die Aufgaben zu erfüllen, für die es vorgesehen ist. Die Verfügbarkeit wird als Verhältnis aus fehlerbedingter Stillstandzeit (= Ausfallzeit) und Gesamtzeit eines Systems bemessen." Bei einer Verfügbarkeit von 99,9999 Prozent beträgt die Ausfallzeit umgerechnet 0,5265 Minuten im Jahr. Ist das Rechenzentrum "nur" zu 99,99 Prozent verfügbar, steht es pro Jahr dagegen 52,65 Minuten still.

Verfügbarkeit nach dem Tier-Konzept des Uptime-Instituts.
Verfügbarkeit nach dem Tier-Konzept des Uptime-Instituts.
Foto: Bitcom

Um einstufen zu können, wie hoch die Ausfallsicherheit des eigenen Rechenzentrums sein soll, eignet sich zum Beispiel die sogenannte Tier-Klassifizierung wie sie das US-amerikanische Uptime Institut für die Rechenzentrumsinfrastruktur definiert hat. Dabei werden die Rechenzentren in vier Klassen unterteilt, die jeweils Auskunft über die Verfügbarkeit geben.

Die richtige Tier-Klasse wählen

Tier 1 = 99,67 Prozent Verfügbarkeit:

Die niedrigste Stufe gemäß der Klassifizierung des Uptime Instituts bildet das Tier-1-Rechenzentrum mit einer Verfügbarkeit von 99,67 Prozent, was einer jährlichen Ausfallzeit von 28,8 Stunden entspricht. Es besteht aus einem System und einzelnen, nicht redundant ausgelegten Versorgungspfaden und Komponenten. Es gibt keine räumliche Trennung und nur eine Unterbrechungsfreie Stromversorgung in Form einer USV-Anlage. Ein RZ der Tier-1-Klasse eignet sich eher für kleinere Firmen oder Start-ups, die IT-Prozesse lediglich intern abwickeln, keine elektronisch gestützten Abläufe zu Kunden oder Lieferanten haben und das Internet lediglich passiv nutzen.

Tier 2 = 99,75 Prozent Verfügbarkeit:

Ein Tier-2-Rechenzentrum hat eine Verfügbarkeit von 99,75 Prozent, das sind 22 Stunden Ausfallzeit pro Jahr, und verwendet bereits redundante Komponenten. Dazu zählen etwa ein zweiter Telekommunikationseingang, USV und Reservestromversorgung mittels Dieselgenerator und eine zweite Klimaanlage. Auch die Traglast des Bodens ist höher als bei Tier 1. Die Tier-2-Klasse eignet sich für Unternehmen, die mit Geschäftspartnern einfache Prozesse IT-gestützt während der üblichen Büro- und Geschäftszeiten abwickeln und deren Ausfall nicht geschäftskritisch ist.

Tier 3 = 99,98 Prozent Verfügbarkeit:

Ein Rechenzentrum mit einer Tier-3-Ausstattung hat eine Verfügbarkeit von 99,98 Prozent, was einer jährlichen Ausfallzeit von 1,6 Stunden entspricht. Es kann - im Unterschied zu Tier-1- und Tier-2-Rechenzentren - auch während des laufenden Betriebs gewartet werden und bietet eine hohe Ausfallsicherheit für geschäftskritische Anwendungen, Backup-Lösungen oder Entwicklungsumgebungen. Es gibt redundante Hardwarekomponenten, aktive und passive redundante Pfade für die Telekommunikation, elektronische Geräte und Klimaanlagen sowie mehrere Brandabschnitte.

Das Gebäude wird per Video überwacht und ist mit Vereinzelungsschleusen ausgestattet. Die Wände sind elektromagnetisch abgeschirmt, und das Personal ist rund um die Uhr verfügbar. Ein Tier-3-Rechenzentrum eignet sich für Firmen, die E-Commerce-Prozesse durchführen, international und in mehreren Zeitzonen tätig sind und deren Mitarbeiter jederzeit, also auch von unterwegs per Mobilgerät, auf Informationen zugreifen müssen.

Tier 4 = 99,99 Prozent Verfügbarkeit:

Noch einen Schritt weiter geht ein Tier-4-Rechenzentrum, das sich durch eine hohe Fehlertoleranz auszeichnet, und bei nur 0,8 Stunden Ausfallzeit im Jahr eine Verfügbarkeit von 99,99 Prozent hat. Bei einem RZ der Tier-4-Klasse sind SinglePoint of Failures (SPOFs) nahezu ausgeschlossen. Sämtliche IT-Komponenten wie Applikations- und Datenbankserver sowie Storage-Systeme sind redundant ausgelegt; gleichzeitig verfügen alle Geräte über eine redundante Daten- und Stromverkabelung und werden über separate Wege versorgt.

Der Schutz vor Erdbeben, Wirbelstürmen und Überflutung liegt über den Mindestanforderungen, sodass mindestens ein unvorhergesehenes Worst-Case-Ereignis überstanden wird. Eine Tier-4-Verfügbarkeit wird von international agierenden Firmen benötigt, die Dienstleistungen rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr zuverlässig erbringen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.