Präsentationsangst

So besiegen ITler ihr Lampenfieber

Rhetoriktrainer Heiko Harthun hat sich auf die Arbeit mit IT-Experten spezialisiert. Seine Erfahrung: Sobald ITler verstehen, wie ihr Körper etwa bei Nervosität funktioniert, haben sie von sich aus Ideen, was sie dagegen tun können.

Wieso entscheidet sich ein Biologe für eine Karriere als Rhetoriktrainer, der sich auf die Arbeit mit IT-Experten spezialisiert?

Heiko Harthun: Ich habe in der Biologie gelernt, genau zu beobachten und Feedback zu geben. Schon im Studium habe ich gemerkt, dass mir Präsentationen im Gegensatz zu anderen leicht fallen. Dazu kommt, dass ich besonders in der Arbeit mit ITlern von meinem Hintergrundwissen als Biologe profitiere. Ich kann ihnen zum Beispiel genau erklären, was bei Lampenfieber-Symptomen wie schwitzigen Händen im Körper passiert.

Das hilft ihnen sehr. Denn sobald ITler verstehen, wie ihr Körper in solchen Situationen funktioniert, haben sie von sich aus Ideen, was sie dagegen tun können. Viele Fachbücher zu Rhetorik und Präsentation geben nur Tipps und erklären nicht den Ursprung, deshalb können IT-Experten oft wenig damit anfangen.

Wie helfen Sie ihnen zum Beispiel bei der Bewältigung von Lampenfieber?

Heiko Harthun: Ich erkläre ihnen, dass der Adrenalinpegel ansteigt und sie es mit Bewegung am schnellsten abbauen können. Sport ist ein wirksames Mittel, ein abendlicher Spaziergang hilft auch. Wer Tage vor einer Präsentation morgens um 5 mit Herzklopfen aufwacht und am liebsten absagen möchte, dreht lieber erst mal eine Runde um den Block. Am Tag der Präsentation empfehle ich, auf Koffein, Mate und Zuckerhaltiges zu verzichten. All das steigert körperliche Symptome die die Nervosität erhöhen und damit wieder den Adrenalinspiegel.

Außerdem sollte man etwas essen, das lange vorhält. Wer zu schwitzigen Händen neigt, kann sie schon mal trockener machen, in dem er einen Deokristall für die Hände nutzt. Dazu wählt man für den Tag am besten dunkle Kleidung, die Feuchtigkeit aufnimmt und steckt ein Zewa zum Abtupfen in jede Hosentasche. So merken andere nichts von den nassen Handflächen.

Mit welchen anderen Fragestellungen und Problemen kommen ITler zu ihnen?

Heiko Harthun: Viele haben Angst vor kritischen Gegenfragen bei Vorträgen. Sie befürchten, dass jemand aus dem Publikum eine kluge Frage stellt, die sie nicht beantworten können. Oder sie möchten deutlich früher ansetzen und mit mir ihre Präsentation erarbeiten. Vielen muss ich dann erklären, dass sie falsch anfangen.

Wie macht man es denn richtig?

Heiko Harthun: Am besten so, wie man ein Navigationsgerät programmiert. Man gibt das Ziel ein und macht sich dann auf den Weg. Das heißt, der Vortragende braucht im ersten Schritt einen Schlusssatz, den die Zuhörer mit nach Hause nehmen sollen und dieser Satz sollte so konkret wie möglich sein. "Ich möchte, dass mindestens fünf Personen aus dem Publikum später meine Datenbank ausprobieren" könnte er zum Beispiel lauten. Bei jeder einzelnen Seite meines Vortrags muss ich mich fragen, ob sie mich zu meinem Schlusssatz führt. Das ist der Schlüssel zu einem roten Faden.

Wie schafft man es, mit seiner Präsentation eine Geschichte zu erzählen?

Heiko Harthun: Dafür gibt es verschiedene Storytelling-Prinzipien, zum Beispiel den Kampf gegen das Monster. Den kann man auch bei vermeintlich langweiligen Themen wie der Einführung einer neuen Datenbank anwenden. Man schildert das Problem als möglichst unerfreulich, findet das Monster (alte Datenbank), sucht sich eine Waffe (neue Datenbank), beschreibt den Kampf mit dem Monster und schildert den Sieg des Helden. Beim Beispiel der Datenbank sind das dann bestimmte herausragende Features, die diese neue Datenbank mitbringt.

Wann bezeichnen Sie Präsentationsunterlagen als gelungen?

Heiko Harthun: Wenn eine Person, die nicht im Publikum saß, den Vortrag nicht mithilfe der Folien nacharbeiten kann. Die Folien sollen keinen Notizzettel darstellen sondern das Gesagte nur unterstützen oder veranschaulichen.CIO.de: Wie erleben Sie die Präsentationen Ihrer Kunden?

Heiko Harthun: Wenn ich Mitschnitte sehe, achte ich natürlich auch auf die Kleinigkeiten und freue mich, wenn der Redner nicht zu schnell spricht und Redepausen macht. Für das Publikum unsichbar, sehe ich ja die Punkte, die meinem Kunden vorher schlaflose Nächte bereitet haben - und wie er diese Punkte dann meistert. Besonders ist es für mich, wenn die ITler bei ihrer Präsentation Spaß hatten und wieder präsentieren möchten. Das ist erfreulicherweise oft der Fall.

Heiko Harthun hat sich als Rhetoriktrainer auf IT-Experten spezialisiert und unterstützt seine Kunden unter anderem bei der Vorbereitung auf Präsentationen und der Bewältigung von Lampenfieber. Auf seiner Website www.heikoharthun.de hat er mehrere Audio-Interviews mit IT-Experten zum Thema veröffentlicht.