Selbstversorgung

Der TK-Branche könnte schon bald ein einschneidender Paradigmenwechsel bevorstehen: Das Konzept "Digital Inter Relay Communication" sieht vor, daß die Teilnehmer künftig Carrier-Funktionen selbst übernehmen.

Von: Nikolaus Ebbinghaus

Ginge es nach Winrich Hoseit, Geschäftsführer der DIRC GmbH & Co KG, dann könnten wir in Deutschland schon bald über ein Telekommunikationsnetz verfügen, das eine echte Alternative zum Netz der Deutschen Telekom darstellt: Für ganze 50 Mark im Monat soll künftig jedermann ohne Zeitbeschränkung landesweit telefonieren, faxen und im Internet surfen können. Sogar mobile Kommunikation ist mit seiner neuen Technik, der Digital Inter Relay Communication (DIRC), ohne zusätzliche Kosten realisierbar.

Daß sich das Konzept technisch realisieren läßt, ließ sich der frühere Amateurfunker Hoseit von der Cetecom GmbH, einem Zertifizierungshaus für GSM- und DECT-Systeme, in einer Machbarkeitsstudie bestätigen. Darüber hinaus wird die Idee von Unternehmen wie Netcologne, Panasonic, Debis und Motorola unterstützt. Zahlreiche andere Unternehmen, darunter so klangvolle Namen wie Alcatel, Mercedes-Benz, NTT, Siemens und Nokia, sollen an einer Kooperation interessiert sein. Die Motive hierfür sind unterschiedlich: Hardwarehersteller sehen in der DIRC-Technologie ein großes Marktpotential für Endgeräte, in- und ausländische Carrier halten es dagegen für möglich, mit DIRC zügig und preiswert die letzte Meile zum Endkunden zu überbrücken.

Dabei handelt es sich bei DIRC um eine Technik, die hergebrachte Vorstellungen von Telekommunikationsnetzen völlig auf den Kopf stellt: Das DIRC-Netz wird nämlich nicht mehr von einem zentralen Carrier betrieben, sondern von den Telefonkunden selbst. Die bei den Teilnehmern installierten DIRC-Stationen, die gleichzeitig auch als Endgeräte dienen, übernehmen sowohl Relay- als auch Gateway-Funktionen. Die Struktur des DIRC-Netzes läßt sich somit noch am ehesten mit dem Internet vergleichen, denn auch hier werden dezentral Verbindungen hergestellt. Beim Ausfall eines Knotenpunktes sucht das System automatisch nach einer Alternative. Anders als im Internet überträgt DIRC aber keine Datenpakete, sondern stellt exklusiv nutzbare Übertragungskanäle bereit.

Das DIRC-Netz ist ein zellulares, stationäres Netzwerk, die DIRC-Stationen ähneln somit den Basis-Stationen von Schnurlos-Telefonen. Im Unterschied zu diesen tauschen die DIRC-Stationen jedoch permanent Informationen mit ihren Nachbarstationen aus. Inhalt dieser Mitteilungen sind alle verbindungsrelevanten Parameter wie freie Kanäle, Qualität der Übertragung, geographische Position, Public Key sowie die IDs der Stationen. Jedes Endgerät kann im Umkreis von bis zu fünf Kilometern Kontakt zu benachbarten DIRC-Stationen herstellen.

Um eine Verbindung zu weiter entfernten Teilnehmern aufzunehmen, leiten die benachbarten DIRC-Stationen eingehende Anrufe weiter, bis der anvisierte Zielpunkt erreicht ist (Bild 1). Ein solcher "Staffellauf" kann bis zu 1000 DIRC-Stationen umfassen, erst dann wird die gemäß den CCITT-Empfehlungen zulässige Verzögerung von 150 ms für eine Sprachverbindung überschritten. Ganz ohne zentrale Verwaltung kommt das DIRC-Netz dabei allerdings doch nicht aus: Die geographischen Positionen der DIRC-Stationen, deren in Silizium eingebrannten IDs sowie die Public Keys und persönlichen Daten der Teilnehmer sind in einer zentralen Datenbank abgelegt, die ständig Kontakt mit allen DIRC-Stationen hält. Vor jedem Verbindungsaufbau werden diese persönlichen Daten des Angerufenen dem Anrufer zur Verfügung gestellt.