SCO: Unternehmen sollen Lizenzgebühren für Linux zahlen

SCO hat seinen Feldzug gegen Linux noch einmal ausgeweitet und ein Lizenzmodell für den Betrieb von Linux in Unternehmen angekündigt. Ging es bislang um eine "Verletzung geistigen Eigentums", geht SCO nun einen Schritt weiter und spricht von "Urheberrechtsverletzung" im Linux-Kernel.

Laut Firmenchef Darl McBride sind sämtliche Linux-Versionen ab Kernel 2.4 betroffen. Im Wesentlichen soll es dabei um die Multiprozessor-Unterstützung gehen, die per "Spende" von außen in das Betriebssystem eingebracht worden sei. Insgesamt gehe es um mehrere hundert Dateien, die "samt Schreibfehlern in den Entwicklerkommentaren" und Firmenstempel eingefügt worden seien, gleichzeitig aber unter der Unix System V-Lizenz geschützt waren, so McBride in einer Telefonkonferenz. Durch weitere Registrierungen von Quell-Code in der vergangenen Woche habe sich das Unternehmen weiter abgesichert und für Auseinandersetzungen vor Gericht gewappnet.

Sollte SCO trotz der bislang noch nicht öffentlich dargelegten Beweise für diese Behauptung Recht behalten, könnte das vergleichsweise kleine Unternehmen schweres Geschütz gegen die Linuxbranche auffahren. Laut SCO-Rechtsanwalt David Boies sollen alle Firmen, die Linux mit geschütztem Material anbieten und vertreiben, darunter vor allem Service-Firmen und Integratoren wie eben IBM, belangt werden. Für Lizenzeinnahmen hat SCO Firmen im Auge, die größere Linuxsysteme betreiben - angeblich mehr als 2,4 Millionen weltweit. Angenommen, SCO drückt seine Forderungen durch, dürfte das für diese Firmen ein kostspieliges Vergnügen werden: Eine so genannte "Binary Runtime"-Lizenz soll sich preislich an SCOs UnixWare-7.3.1-Lizenz orientieren.

Obwohl nach SCOs Behauptung praktisch jede Linux-Version 2.4 und höher eine Urheberrechtsverletzung darstellt, interessieren das Unternehmen private Linux-User offensichtlich nicht. "Wir konzentrieren uns auf Firmen", sagte McBride. "Homeuser sind nicht interessant für uns." Trotzdem könnten User an ihre Distributoren herantreten und nach einer Betriebslizenz fragen.

Distributoren wie SuSE machen sich derweil zumindest öffentlich noch keine Sorgen darüber, unangenehme Post von SCO zu bekommen. "SCO hat ja noch gar keine Beweise für seine Behauptungen vorgelegt", sagte Joe Eckart, Pressesprecher von SuSE USA. "Wir nehmen noch nicht einmal an, dass SCO Recht hat." Obwohl das Unternehmen innerhalb von United Linux ein Partner von SCO ist und eine Distribution zusammen entwickelt wurde, scheint die Beziehung zwischen den beiden Firmen recht kühl zu sein. "Seit der Ankündigung von United Linux hat es zwischen uns praktisch keine Beziehung gegeben." Und mit dem, was SCO jetzt praktiziere, ist man bei SuSE auch "nicht sonderlich glücklich". Demnach schade die aktuelle Diskussion zwar nicht dem Vertrieb von SuSE; allerdings müsse das Marketing sich mit zahlreichen Anfragen besorgter Kunden auseinander setzen.

Sollte SCO Recht behalten, geht Eckart auch nicht davon aus, dass die Firma Lizenzgebühren in nennenswertem Umfang eintreiben kann: "Sobald bekannt wird, um welche Dateien es sich handelt, wird der Code von der Community sicher schnell durch nicht geschützten Code ersetzt." SCO sei kein Software-Unternehmen mehr, sondern lediglich eine "Klage-Firma", die nach einer lohnenden "Exit-Strategie" suche.

Letzteres bislang allerdings erfolgreich: Seit der Ankündigung der Klage gegen IBM im März vervierfachte sich der Aktienkurs der Firma von knapp drei US-Dollar auf 13,32 US-Dollar am Montag. SCOs Börsenwert liegt damit bei beachtlichen 173,8 Millionen US-Dollar.

Weitere News zur Schlammschlacht um den Unix-Code finden Sie in der tecHistory. (Wolfgang Grüner/jma)