Schlanke Verwaltung

Für das Verwalten von heterogenen Netzwerken sind nicht immer teure Managementplattformen auf Unix-Basis der etablierten Hersteller vonnöten. Die Firma Carl Edelmann aus Heidenheim setzt ein Managementsystem unter Windows NT ein.

Von: Frank Niemann

Ob Coca-Cola, Chocolat Chips oder Obsession: der Inhalt stammt aus der ganzen Welt, die Verpackung aus Heidenheim. Die Carl Edelmann GmbH (www.edelmann.de) fertigt Faltschachteln für kosmetische und pharmazeutische Produkte sowie für Konsumgüter. Ferner beschäftigt sich die Firma mit Verpackungstechnik sowie mit der Fertigung von Zielscheiben. 1996 setzte das Unternehmen mit 750 Mitarbeitern rund 155 Millionen Mark um.

IT-Basis des Unternehmens bildet eine TCP/IP-Umgebung, die sich über vier Netzwerke an drei Standorten erstreckt. Darin sind 50 Unix-Server (HP-UX), 350 Windows-PCs, 50 Printserver sowie CAD-Workstations eingebunden. Die Verbindung zwischen den Netzwerken stellen Cisco-Router her. Im WAN setzt das Unternehmen ATM-Verbindungen mit 155 MBit/s ein. Die LANs wurden mit Koax- und Kupferkabeln aufgebaut. Im Backbone-Bereich der einzelnen Werke wurde Glasfaser verlegt. Die strukturierte Verkabelung realisieren sowohl Hubs von Hewlett-Packard als auch LAN-Switches vom Typ "Catalyst" des Herstellers Cisco.

Als sich die DV-Verantwortlichen entschieden, ein Netzwerkmanagement einzuführen, fiel die Wahl trotz des Unix-Schwerpunkts der Firma auf eine Lösung, die auf Windows NT basiert: "Cinema" von der LAN Management Consulting GmbH (http://www.lmc.de). Dabei war der Preis im Vergleich zu Produkten des Mitbewerbs ausschlaggebend.

Mit dem Managementsystem wollen die sechs Systemadministratoren neben der "normalen" Netzüberwachung von Hubs und Routern mit SNMP- und RMON-Funktionen auch Systemmanagement betreiben. Dabei sind zum einen die verteilten Datenbanken und Dateisysteme und zum anderen die Printserver, die für das Erstellen von Formularen und Vorlagen in der Auftragsabwicklung eingesetzt sind, zu kontrollieren. Dazu gehört auch das Management der Unix-Rechner und PCs sowie der unterbrechungsfreien Stromversorgungen (USVs).

SNMP-Einrichtung umfangreich

Nach einem Monat konnte das Managementsystem in Betrieb genommen werden, allerdings waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Komponenten eingebunden. "Die Hauptarbeit machte die Einarbeitung in SNMP und das Setzen entsprechender Traps aus", so Michael Radauscher, der für das Netzwerkmanagement verantwortliche Systemadministrator. Traps sind Nachrichten, die ein SNMP-Agent an eine Management-Station schickt, sobald ein Ereignis eintritt. Der Clou am Netzwerkmanagement ist es, diese Traps mit entsprechenden Aktionen zu verbinden. Wenn beispielsweise ein Router ausfällt, so muß umgehend der Systemadministrator benachrichtigt werden. Bei Edelmann wurde das System so eingerichtet, daß bei derartigen Störfällen der Administrator eine Meldung per Pager erhält. Die Anzahl der Traps, die auf der Managementkonsole eintreffen, lassen sich durch Schwellwerte begrenzen. Auf diese Weise verhindert der Netzwerkverantwortliche, daß er unwichtige Nachrichten erhält. So wäre es unsinnig, wenn jeder PC beim allmorgendlichen Hochfahren einen Trap senden würde. Dagegen ist die Mitteilung, daß eine USV vom Netz- auf Batteriebetrieb umgeschaltet hat, extrem wichtig.

Netzwerkmanagement für heterogene Umgebungen

Um die vernetzten Geräte aktuell zu überwachen und zu verwalten, wird das Autotopology-Modul von Cinema eingesetzt. Der darin enthaltene "Source-Address-Manager" erkennt automatisch die Topologie der Netzknoten (Router, Hubs) in den einzelnen Netzsegmenten und die daran angeschlossenen Endgeräte. Diese werden dem jeweiligen Anschluß-Port (Hub-Port) zugeordnet und automatisch in die Netzwerkdarstellung (Map) übernommen. Über diese Darstellung kann sich der Administrator Statistikinformationen über alle am Netz angeschlossenen Geräte einholen. Analysewerkzeuge helfen ihm, die Daten auszuwerten.

Inventarisierung der PCs

Edelmann installierte auch das Inventarisierungssystem von Cinema, welches zusätzliche Daten über die PCs und Unix-Systeme liefert: Installationsort, Anwenderdaten, Hardwareausstattung und Software-Releases. Zudem wurde die Lösung mit dem Kabelmanagementsystem

"Kmsdue" gekoppelt, mit dem sich die Netzinfrastruktur verwalten läßt (siehe auch Gateway 8/96, Seite 44 ff.). Das Inventarisierungssystem ist jedoch inzwischen etwas in den Hintergrund getreten, da es keine Accounting-Funktionen bereitstellt, mit denen man einer Abteilung die Kosten für die dort installierten PC-Arbeitsplätze in Rechnung stellen kann. Hierfür schrieben die Administratoren ein eigenes Werkzeug.

Mit RMON-Probes überwachen die Netzverantwortlichen das Netzwerk. Auf diese Weise lassen sich Fehler in den Koax-Kabeln schneller eingrenzen und finden. Es gibt zwar noch einen Bestand an Kabeln dieses Typs, bei neuen Kabelsträngen verlegt Edelmann allerdings strukturierte Kupferkabel.

RMON für die Fehlersuche

die RMON-Geräte helfen auch dabei, besonders geschwätzige Stationen ausfindig zu machen. Dies ist ein Indiz für einen Fehler in einer Arbeitsstation, und der Administrator kann entsprechend eingreifen. Kommt es durch einen Störfall zu schlechten Übertragungsraten im Netzwerk, so erkennen diese Probes die Situation und lösen einen Alarm aus.

Die Systemüberwachung der Unix-Rechner ist auf den darauf laufenden Oracle-Datenbanken abgestimmt. So erhält der Datenbankadministrator von seinen Systemen eine Warnmeldung, falls die Tablespaces der Datenbanken einen Füllgrad von 80 Prozent erreichen. Möglich ist dies, da auf den HP-Servern SNMP-Agenten von Oracle sitzen, die die notwendigen Alarmmeldungen generieren. "Wir sind zudem auf der Suche nach einem ähnlichen Werkzeug für unser SAP-R/3-System", so Radauscher.

Ein weiteres Einsatzgebiet des Netzwerkmanagements ist die Überwachung der Printserver. Hier kommen Produkte verschiedener Hersteller zum Einsatz. Sollte ein Drucker, der mit einem Printserver angeschlossen ist, einen Papierstau haben, oder geht sein Papier zur Neige, so schlägt der Server Alarm. Lassen sich diese Unterbrechungen nicht innerhalb einer bestimmten Frist beseitigen, erhalten die Anwender eine Nachricht über die Art des Problems und die voraussichtliche Dauer der Störung.

Grafisches Management für Netzwerkkomponenten

Um Geräte unterschiedlicher Hersteller komplett managen zu können, stellt Cinema PSMs (produktspezifische Module) für die einzelnen Gerätetypen zur Verfügung. Bei der Carl Edelmann GmbH sind PSMs für Cisco-Router, die HP-Systeme, Sternkoppler von Hirschmann und die Printserver im Einsatz. Cinema bietet derzeit rund 150 PSMs. Diese Module basieren auf den MIBs (Management Information Base) der Hersteller. Die MIB enthält die Variablen des Geräts in einer sehr spartanischen Form. Die PSMs wurden entwickelt, um die Geräte realistisch darzustellen und so die MIB-Informationen zu visualisieren. Der Administrator bekommt ein grafisches Abbild der Komponente auf seinen Bildschirm und kann etwa bei einem Hub die Konfiguration der Baugruppen, die einzelnen Ports und deren Status erkennen. Die Bedienung und Einrichtung erfolgt über funktionsbezogene Pulldown-Menüs.

Zwar wird das Marktsegment Netzwerk- und Systemmanagement von amerikanischen Herstellern wie HP, IBM und Computer Asssociates beherrscht, doch zeigen Beispiele wie die Firma LMC und auch das ab der Seite 44 erwähnte Unternehmen Netsupport, daß auch in Deutschland Managementsoftware entsteht. Verglichen mit dem Bedarf an solchen Lösungen hierzulande ist das Angebot aus dem deutschsprachigen Raum gering.