Schlanke Linie

Mit der "Network Access Suite 3.0" stellte FTP Software den Nachfolger von "Onnet 32 v2.0" vor. Das Paket ist im Vergleich zum Vorgänger etwas schlanker ausgefallen. In einem Test hinterließ die Suite einen guten Eindruck.

Von: Bernd Reder

Man kann nicht gerade sagen, daß FTP Software in den vergangenen Monaten vom Glück verfolgt war. Das Unternehmen beendete das vergangene Geschäftsjahr mit einem Verlust von fast 78 Millionen Dollar - und das bei einem Umsatz von 101 Millionen. Der negative Trend setzte sich auch im ersten Quartal 1997 fort. Einem Umsatz von 21 Millionen Dollar stand ein Verlust von 11 Millionen gegenüber.

An den Problemen von FTP Software hat Mr. William Gates ein gehöriges Maß Anteil. Als Microsoft seinen Betriebssystemen Windows 95 und NT einen TCP/IP-Stack beipackte, brach für Firmen wie FTP Software und etliche ihrer Konkurrenten ein wichtiger Teil des Geschäftes weg. Produkte wie die "Network Access Suite v3.0" müssen den Anwender deshalb jetzt mit anderen Qualitäten überzeugen als "nur" einem schnellen und sicheren TCP/IP-Stack.

Die Suite ist der Nachfolger von "Onnet 32 v2.0"; mit ihr lassen sich PCs unter Windows 95 und NT 4.0 in heterogenen Netzen auf Basis von TCP/IP mit "Nicht-Wintel-Systemen" verbinden, also etwa Unix-Servern. Auf der CD-ROM befinden sich folgende Programme:

die "Network Access Suite" selbst; FTP Softwares "Secure Client"; der "Interdrive"-NFS-Server; der "Firewall-1"-Remote-Client: Dieses Programm schützt Daten, die Windows-95-PCs über eine Wählverbindung mit Netzen austauschen. Voraussetzung ist, daß im LAN ein Firewall-System vom Typ "Firewall-1 VPN" von Checkpoint installiert ist; ein "Agent Listener": Mit ihm lassen sich Netzagenten im LAN implementieren, die automatisch Verwaltungsaufgaben erledigen, etwa Backups oder Software-Updates durchführen. Sinnigerweise sind solche Agenten noch nicht verfügbar; der "Custom Install Manager" (CIM): Mit seiner Hilfe kann ein Netzwerkmanager benutzerspezifische Installationen von Programmen von FTP Software vornehmen, also etwa einer Benutzergruppe nur bestimmte Software zur Verfügung stellen.

Das Installationsmenü, das nach Einlegen der CD-ROM automatisch hochkommt, enthält jedoch nur Buttons für die Suite und den Secure Client. Wer die anderen Programme installieren möchte, muß mittels Explorer erst auf der CD herumsuchen - sicher kein großes Manko, aber ärgerlich.

Die Installation erfolgt menügestützt und ist einfach durchzuführen. Auch weniger erfahrene Benutzer, die beispielsweise die Software nur auf ihrem Client installieren wollen, finden sich auf Anhieb zurecht. Dies ist leider nicht bei allen NFS-Paketen die Regel. Der Installationsvorgang ging zügig vonstatten und war innerhalb von etwa zehn Minuten abgeschlossen. Dies galt für die Komplettinstallation aller Komponenten. Daneben kann der Anwender auf folgende Optionen zurückgreifen:

"Custom" (nur ausgewählte Software) wird installiert, "Typical" (die wichtigsten Programmteile wie FTP, Interdrive- und Druck-Client, Terminalemulationen), "Administrator" für die Installation auf einem Server, auf den Clients zugreifen. Mit der Option "Client" hat der Netzwerkverwalter die Möglichkeit, systemspezifische Software auf Clients zu installieren.

Eine "typische" Installation benötigt etwa 45 MByte auf der Festplatte; in den abgespeckten Versionen sind etwa 20 MByte aufwärts vonnöten.

Problemlos ließ sich auch der "Interdrive"-NFS-Client einrichten. In unserem Fall "klinkte" er sich in den TCP/IP-Stack von Windows NT ein, das heißt er übernahm die Einstellungen wie IP-Adresse des Client-Rechners, Subnet-Maske, Adresse des Gateways et cetera. Die Network Access Suite arbeitet auch mit dem TCP/IP-Protokollstack des Vorgängers Onnet 32 v2.0 zusammen. Außerdem unterstützt sie IPv6.

Zusätzlich steht FTP Softwares "Secure Client v3.0" zur Verfügung. Er ersetzt den Stack von Windows NT. In unserem Falle wurde der Versuch, den Secure Client zu installieren, allerdings schnöde mit einer Fehlermeldung abgebrochen (Bild 3). Auslöser des Konfliktes könnten "Verständigungprobleme" zwischen der deutschsprachigen Version von NT und der US-Ausgabe der Software sein, die uns vorlag. Es ließ sich deshalb unter anderem nicht feststellen, ob der Stack Adreßkonflikte (zwei Stationen haben dieselbe IP-Adresse) automatisch erkennt und meldet.

Schlanker als der Vorgänger

Im Vergleich zu NFS-Paketen wie "Hummingbird Maestro" oder "Reflection" von WRQ, aber auch Onnet 32, enthält die Network Access Suite relativ wenige Programme, was jedoch der Übersichtlichkeit zugute kommt. Folgende Komponenten sind enthalten:

FTP-Server und -Client, Interdrive-Client (NFS), Print-Client, Terminalprogramme (TN3270 und 5250, TNVTPlus), Archivierungs-Tool, "Keyview" zum Anzeigen von Files, das EMail-Programm "Mail Onnet", "Retriever" für das Versenden von Reports an eine Supportabteilung, Script-Tools für das benutzerspezifische Einrichten von Applikationen sowie Werkzeuge für den Netzverwalter, etwa "Query" (Informationen über Benutzer und Hosts) oder für den Fernzugriff auf Stationen im Netz.

Im Gegensatz zu früheren Versionen enthält die Network Access Suite keinen eigenen WWW-Browser. Stattdessen liegt auf der CD-ROM Microsofts "Internet Explorer" bei - ein vernünftiger Schritt, da sich der IE und Netscapes "Navigator" beziehungsweise "Communicator" zu De-facto-Standards entwickelt haben.

Um weniger versierten Benutzern die Bedienung der Programme zu erleichtern, ist ein "Application Assistant" verfügbar - ein Tool, das den Anwender Schritt für Schritt durch die Konfiguration und den Einsatz von FTP-Client, Browser oder Druck-Client führt. Der FTP-Client ist übersichtlich und einfach zu bedienen. Er erlaubt das Kopieren von Files zwischen Host und Client mittels "Drag and drop". Dateien lassen sich auch auf den Windows-Desktop ziehen. Aus dem Programm heraus läßt sich zudem der Explorer von Windows aufrufen; beim Versuch, vom Explorer aus eine Datei zum Unix-Server zu übermitteln, kam es allerdings zu einer Fehlermeldung.

Übersichtlich und leicht zu bedienen ist auch die EMail-Komponente. Auf Wunsch nutzt sie die Einstellungen vorhandener Mailsysteme, wie etwa Microsofts "Outlook", inklusive der Adreßbücher. "Mail Onnet" ist jedoch wesentlich weniger sperrig in der Handhabung und zudem schneller als Outlook. Die Terminalemulationen zur Verbindung mit Host-Rechnern entsprechen dem gängigen Standard; integriert sind Scripting-Tools und Keyboard-Mapping-Funktionen.

Die NFS-Services (Mapping von Laufwerken, Ausdrucken von Dokumenten auf Netzwerkdruckern) funktionierten vorzüglich. Dies galt sowohl für eine Installation über eine vorhandene Onnet-32-Version hinweg wie eine komplette Neuinstallation der Suite.

Als Fazit läßt sich festhalten: Die Network Access Suite ist ihren Preis wert; großen Wert hat FTP Software auf Bedienerfreundlichkeit gelegt. Durch die Integration von IPv6 ist in das Produkt auch ein Stück "Zukunftssicherheit" eingebaut.

In der kommenden Ausgabe werden wir eine Vorabversion von "Chameleon Unixlink 97" von Netmanage vorstellen.