Umbau in Walldorf

SAP-Personalchef spricht von betriebsbedingten Kündigungen

Eigentlich könnte der Umbau bei SAP geräuschlos über die Bühne gehen. In Deutschland sind gut 300 der etwa 17.000 Beschäftigten betroffen. Sie sollen möglichst neue Jobs bekommen. Allerdings spricht man beim Softwarekonzern auch erstmals von "betriebsbedingten Kündigungen."

Der laufende Umbau bei SAP sorgt für mehr Wirbel bei dem Softwarekonzern als bislang erwartet. "Wir schließen betriebsbedingte Kündigungen nicht aus, aber das ist nur die Ultima Ratio", sagte Personalchef Stefan Ries im Gespräch mit Journalisten. "Unser Wachstum ermöglicht es uns, die betroffenen Mitarbeiter an anderer Stelle durch Schulungen und Umqualifizierungen einzusetzen."

SAP will weltweit Stellen streichen, etwa drei Prozent der zuletzt rund 67.000 Mitarbeiter sind betroffen. In Deutschland sind es rund 1,5 Prozent der etwa 17.200 Beschäftigten. Unterm Strich will SAP Ende 2014 mehr Mitarbeiter beschäftigen als zu Jahresbeginn und den betroffenen Beschäftigten neue Jobs im Unternehmen anbieten.

Betriebsrats-Chef Ralf Herzog sieht in den Umbauplänen dennoch eine Kulturänderung: "Wir sprechen hier zum ersten Mal in der Geschichte der SAP über betriebsbedingte Kündigungen", sagt er. Selbst während des Sparprogramms unter SAP-Chef Léo Apotheker 2009 hat es nur ein freiwilliges Abfindungsprogramm gegeben.

SAP ist dabei, sein Angebot von fest installierter Software auf Abo-Modelle umzustellen, wo man höhere Wachstumsraten erwartet. Auf der Personalseite schlägt sich das nieder, indem Jobs wegfallen. "Nicht alle Aufgaben, die in der Vergangenheit wichtig waren, sind es heute immer noch", sagt Ries. Redundanzen, die sich durch Zukäufe ergeben hätten, müssten bereinigt werden.

In Deutschland wurden Verhandlungen für bis zu 90 Mitarbeiter der Landesgesellschaft und etwa 180 Mitarbeiter der SE geführt. Während sich Unternehmen und Betriebsräte für die Landesgesellschaft auf einen Interessensausgleich einigen konnten, scheiterten die Einigungsversuche in der SE. Er bedauere das sehr, sagte Ries. "Wir werden jetzt die Regelungen anwenden, denen der Betriebsrat der Landesgesellschaft zugestimmt hat." Wenn möglich solle den Betroffenen ein "Vorfahrtssignal" bei der Besetzung von Stellen gegeben werden.

Betriebsratschef Ralf Herzog will sich damit noch nicht zufriedengeben. "Es kann nicht sein, dass der Betriebsrat ohne Not betriebsbedingten Kündigungen zustimmt", warnte Herzog. Im November will der Betriebsrat deshalb mit dem Unternehmen noch einmal über einen Sozialplan auch für die SE sprechen. Während in der Landesgesellschaft vorwiegend Vertriebler und Berater arbeiten, sind in der SE Softwareentwickler und Support-Experten betroffen, die insbesondere am Standort Walldorf andere Job-Perspektiven haben.

Der Betriebsrat hat bei SAP eine besondere Geschichte. 2006 wurde die Mitarbeitervertretung auf Betreiben von Gewerkschaftern gegen den Widerstand der Belegschaft vor Gericht erstritten. In diesem Jahr war die Kandidatenliste so lang wie nie. "Die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat war bisher gut, das soll auch mit dem neu gewählten Betriebsrat so sein", so Ries. Ähnlich sieht es Betriebsratschef Herzog.

Grundsätzlich will Ries, der die Personalbelange bei SAP seit 1. April führt, den Kurs seiner Vorgängerin fortführen. "Ich habe der Mannschaft Kontinuität versprochen", sagt er. Grundsätzlich stünden Standorte in Deutschland nicht auf dem Spiel. (dpa/wh)