Richter Jackson redet (zu) viel über Microsoft

Richter Thomas Penfield Jackson hat schon in seiner Urteilsbegründung deutliche Worte für Microsoft gefunden. Dass er trotz anhängender Berufung erneut öffentlich über den Fall spricht und kein gutes Haar am Softwareriesen lässt, verwundert die juristische Fachwelt. Das Verfahren könnte nämlich an ihn zurückgehen.

Jackson hat in dieser Woche dem New Yorker ein Interview gegeben, in dem er Microsoft-Chefanwalt William Neukom als wenig clever bezeichnet. Dass Microsoft keine außergerichtliche Einigung gelungen ist - was Jackson für einen Fehler hält - lastet der Richter unverblümt Neukom an.

Dass sich ein Richter in öffentlichen Interviews über ein schwebendes Verfahren äußert, sei höchst ungewöhnlich, heißt es dazu in US-Anwaltskreisen. Eine Urteilsbegründung in markigen Worten abzufassen, gehe in Ordnung, so ein Anwalt der Kanzlei Chapman & Cuttler in Chikago. Öffentliche Stellungnahmen dagegen seien unpassend.

Richter Jackson bekümmert das anscheinend wenig. Gegenüber einem Reporter verglich er Bill Gates und seine Firmenführung mit Napoleon und bescheinigte Gates Arroganz. Während er William Neukom von Microsoft "not very smart" nannte, darf sich der Chefankläger des Justizministeriums David Boies über höchstes Lob freuen. "Er ist der beste Anwalt, der je meinen Gerichtssaal betreten hat", sagte Jackson über Boies.

Das Verhalten des Richters lässt Raum für Spekulationen. Will er den Fall loswerden? Microsoft hat bereits schriftlich hinterlegt, dass die öffentlichen Äußerungen Jacksons unpassend seien. Es gilt als wahrscheinlich, dass Microsoft den Richter als befangen erklären wird, sollte der Fall an das Distriktgericht zurückgehen.

Wenn das gelingt, würde die personelle Besetzung für Microsoft deutlich freundlicher ausfallen. Der hochgelobte David Boies hat sein Amt als Ankläger bereits niedergelegt und auch Jackson wäre aus dem Weg. Nicht zuletzt wird außerdem die Wahl des Republikaners George W. Bush zum Präsidenten und damit die Umbesetzung des Justizministeriums als Vorteil für Microsoft angesehen. Die an der Klage beteiligten Bundesstaaten haben allerdings bereits verlauten lassen, den Prozess notfalls auch im Alleingang durchzuziehen. (uba)