Editorial aus CIO-Magazin 05/2014

Realtime ist zu 99 Prozent Bullshit

Die neue Mai-Ausgabe des CIO-Magazins ist erschienen. Welche Schwerpunktthemen Sie im aktuellen Heft finden, verrät Ihnen CIO-Chefredakteur Horst Ellermann.

Toll, was technisch in puncto Datenanalyse möglich geworden ist. Nicht so toll, wie der Fortschritt in den Markt drängt. Natürlich verkaufen die Anbieter erst einmal Technik. Ihre Marketing-Abteilungen ersinnen dazu auch kreative Use-Cases, wie in Realtime riesige Datenberge verarbeitet werden. Nur deckt sich das nicht mit den Bedürfnissen der Anwender. In 99 Prozent der Fälle ist es völlig sinnlos, alle Daten in eine Analyse zu kippen. Und in noch weniger Fällen spielt Geschwindigkeit eine Rolle. Viel wichtiger wäre es, gute Hypothesen über Kundenbedürfnisse oder bessere Prozesse zu entwickeln. Nur kann das keine Maschine. Erkenntnisse aus Datenbergen purzeln nun mal nicht aus dem Rechner, auch wenn man noch so viele Daten noch so schnell umwälzt.

CIO-Chefredakteur Horst Ellermann
CIO-Chefredakteur Horst Ellermann
Foto: Joachim Wendler

So gesehen verkaufen die Anbieter mit ihren In-Memory-Techniken erst mal das Falsche. Anwender sind zu Recht sauer, wenn sie Technik in den Keller gestellt bekommen, die nur aufgrund von Wartungsverträgen dort landet. Allerdings ist es immer noch besser, wenn einen IT-Anbieter zwingen, intensiver nach den richtigen Produkten und Prozessen zu suchen, als wenn dies die Konkurrenz tut. Realtime-Analyse von Daten ist in aller Regel Bullshit, fordert uns aber dazu heraus, bessere Fragen zu stellen. Schade, dass dafür die richtigen Leute fehlen. Data-Scientists sind bei den Anbietern genauso Mangelware wie bei den Anwendern - der Wunsch, sie von den Anbietern mitgeliefert zu bekommen, also relativ aussichtslos.

In unserem Artikel über ProSiebenSat.1 geht es um Innovation. Der Fernsehsender hat längst erkannt, dass die Zukunft für klassische Sender nicht viel verspricht, wenn sie ihr Geschäftsmodell nicht ändern. Angesichts von Youtube und anderen Online-Plattformen greift das klassische Sender-Empfänger-Modell immer weniger. Aber es bietet immer noch genug Inventar, um Start-ups Werbezeiten zu spendieren, die im Gegenzug Anteile bieten. So wird aus einem Sender quasi ein Venture Capitalist. Spannendes Modell. Und CIO Andreas König sitzt mittendrin im Innovationsmodell. Vorbildlich!

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