IPv6 im Praxis-Check bei Telekom und Co

Ratgeber: IPv6 in Deutschland

Obwohl es kaum mehr IPv4-Adressen gibt, setzt sich das neue Internet-Protokoll IPv6 nur zögerlich durch. Wir zeigen wie es die Telekom und andere Provider mit IPv6 halten.

"Ja klar, IPv6 kommt, dieses Jahr aber ganz bestimmt!" Diese mit einem Schmunzeln vorgetragene Nebenbemerkung des Security-Evangelisten einer großen Sicherheitsfirma auf der diesjährigen it-sa in Nürnberg bringt es recht gut auf den Punkt: Es ist einerseits bekannt, dass die Anzahl der verfügbaren Adressen aus dem IPv4-Adressraum sehr schnell kleiner wird, und dass mit neuen Techniken wie "dem Internet der Dinge" (IoT) den Bedarf an IP-Adressen förmlich explodiert. Auch der Plan der deutschen Telekom, bis zum Jahr 2018 alle Telefonanschlüsse komplett auf IP-basierte Verbindungen umzustellen, dürfte mit den noch vorhandenen IPv4-Adressen kaum zu realisieren sein.

Unterstützt mein Anschluss (beziehungsweise mein Provider) schon IPv6? Im Netz finden sich Testseiten wie "wieistmeineip.de", die darauf Antworten geben.
Unterstützt mein Anschluss (beziehungsweise mein Provider) schon IPv6? Im Netz finden sich Testseiten wie "wieistmeineip.de", die darauf Antworten geben.

Entsprechend gibt es immer wieder Konferenzen, viele Artikel und Aufrufe von Experten, die vehement dazu aufrufen, nun endlich auf IPv6 umzustellen. Andererseits gibt das eingangs erwähnte Bonmot unseres Security-Experten die aktuelle Stimmung und Haltung bei vielen IT-Profis und Anwender nur allzu gut wieder: IPv6 wird schon irgendwann kommen - aber so richtige Eile scheinen alle Betroffenen (zu mindestens in Deutschland) nicht zu haben. Scheinbar kommen sie im Moment mit den noch vorhandenen IPv4-Adressen aus.

Trotzdem wird kein Weg daran vorbeiführen, dass sich IT-Organisationen und Anwender wenigstens mittelfristig mit dem Thema ernsthaft beschäftigen. So sollten sie sich über Probleme und Fallstricke informieren und auf einen Umstieg vorbereiten. Wer wissen will, was er dabei in Hinblick auf seine Router, Switches und auch Betriebssysteme beachten sollte, findet in diesem Ratgeber die nötigen Informationen zur Migration. Wir geben ergänzend dazu einen kurzen Überblick darüber, wie weit die deutschen Provider mit der Umstellung sind und was das für Anwender und Firmen bedeutet.

IPv6 im Router-Interface: Wer einen halbwegs aktuelles Routermodell sein eigen nennt, kann ziemlich sicher sein, dass dieser heute auch IPv6 problemlos unterstützt.
IPv6 im Router-Interface: Wer einen halbwegs aktuelles Routermodell sein eigen nennt, kann ziemlich sicher sein, dass dieser heute auch IPv6 problemlos unterstützt.

Wie sieht es bei den Providern aus?

Wir wollten wissen, wie weit die Umstellung bei den deutschen Providern gediehen ist und welche IPv6-Möglichkeiten sie ihren Kunden bereits anbieten. Zu diesem Zweck haben wir in den Monaten September und Oktober 2015 eine Umfrage bei einer Reihe von deutschen Providern durchgeführt.

Vodafone/Kabel Deutschland

Vodafone/Kabel Deutschland teilte uns mit, bei den Internet-Anschlüssen über Kabel für alle Neukunden mit Privatkundenprodukten auf eine IPv6-DS-Lite-Lösung zu setzen. Auch bei Bestandskunden mit entsprechenden Privatkundenprodukten kommt nach Auskunft des Providers überwiegend IPv6-DS-Lite zum Einsatz. Eine native, Single-Stack IPv6-Anbindung ist aus Sicht von Vodafone/Kabel Deutschland im Moment nicht sinnvoll, da große Teile des Internets (die nur über IPv4-erreichbaren Server) nicht mehr erreichbar wären. Um für (native) IPv6-Kunden die Erreichbarkeit von reinen IPv4-Servern noch zu ermöglichen, wird DS-Lite oder Dual-Stack IPv4/IPv6 eingesetzt. Bei den LTE-Zuhause-Angeboten ist eine Einführung von IPv6 noch im Jahr 2015 geplant, bei den xDSL Produkten werden für Privatkunden die unterschiedlichen Möglichkeiten zur Einführung von IPv6 momentan evaluiert. Geht es um die Business-Kunden, so bietet Vodafone/Kabel Neu- und Bestandskunden bei den Kabel-Internet-Produkten für Kleinstunternehmen (SoHo) eine Dual-Stack-Konfiguration an. Darüber hinaus arbeitet der Provider daran, im SoHo-Bereich bestimmte Kabel-Produkte mit festen IPv4-Adressen (später auch IPv6) anzubieten. Auch bei DSL- und Mobilfunk-Produkten für Geschäftskunden ist laut Vodafone/Kabel Deutschland nach der Einführung von IPv6 ein Angebot mit der Vergabe von festen IPv6-Adressen geplant.

Tipp bei Problemen mit DS-Lite

Im Rahmen eines anderen Testberichts, bei dem wir auch einen VPN-Tunnel über genauso einen IPv6-DS-Lite betreiben wollten, traten immer wieder reproduzierbare Probleme mit der Verbindung auf. Auch der Zugriff von außen auf ein dediziertes Gerät im lokalen Netzwerk bereitete Verbindungsprobleme, da der DS-Lite-Anschluss lediglich über eine öffentliche IPv6-Adresse verfügt. Es war in diesem Fall durch einen einfachen Anruf beim Kundendienst von Vodafone/Kabeldeutschland binnen eines Tages möglich, unseren Anschluss wieder auf einen "regulären" IPv4-Anschluss umzustellen, wodurch die Probleme komplett verschwanden. Wer also ähnliche Schwierigkeiten bei seinem Internet-Anschluss via Kabel hat, sollte sich unbedingt zunächst einmal an die Service-Hotline des Providers wenden und um eine Umstellung bitten. Natürlich können wir nicht garantieren, dass das immer und bei allen Kabel-Anbietern klappt!