Alternativen

Problem Scheinselbstständigkeit von Freiberuflern

Wen lasse ich welchen Job machen? Diese Frage ist schwer zu beantworten. CIT-Entscheider sollten an Zeitarbeit, Outtasking und Attraktivität der eigenen IT-Abteilung denken.

Obwohl die Geschichte schon nach wenigen Tagen wieder raus war aus den Schlagzeilen, hat sie in den Personalabteilungen nachhaltig für Unruhe gesorgt: Bei der Daimler AG hatten sich im vergangenen Jahr zwei IT-Spezialisten vor Gericht eine Festanstellung erstritten, nachdem sie jahrelang über einen Dienstleister auf Werkvertragsbasis freiberuflich für den Autobauer gearbeitet hatten.

Hubert Staudt, Vorstandsvorsitzender der top itservices AG, beschäftigt sich auch damit, wie Unternehmen das sensible Thema Scheinselbständigkeit umschiffen können.
Hubert Staudt, Vorstandsvorsitzender der top itservices AG, beschäftigt sich auch damit, wie Unternehmen das sensible Thema Scheinselbständigkeit umschiffen können.
Foto: top itservices AG

Die beiden führten, so die Urteilsbegründung in Kurzform, zum Teil die gleichen Tätigkeiten aus wie Festangestellte, auch hätten sie immer wieder persönliche Weisungen direkt von Mitarbeitern der Daimler AG bekommen. De facto, so das Gericht, sei also ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Das Unternehmen wurde dazu verurteilt, beide fest einzustellen.

Der schwäbische Autohersteller steht mit dem Problem keineswegs allein dar. Nach Ansicht von Hubert Staudt, Vorstandsvorsitzender der top itservices AG, hat der Fall maßgeblich dazu beigetragen, Unternehmen für potenzielle Gefahren zu sensibilisieren. Die top itservices AG hat ihren Stammsitz in München/Unterhaching und verfügt bundesweit über neun Niederlassungen. Sie ist mit 800 Mitarbeitern und Beratern seit mehr als 30 Jahren als Personal- und Servicedienstleister in der IT tätig.

Riskant wird der falsche Umgang mit Freelancern keineswegs erst dann, so Hubert Staudt, wenn diese jahrelang auf dem Firmengelände präsent sind wie im beschriebenen Fall. "Freiberufler, die eigene Visitenkarten haben mit dem Signet des Auftraggebers oder auch nur das Recht, die Kantine ebenso zu benutzen wie die Festanstellten - schon das kann Ärger geben." Vom eigenen Büro mit Namensschild gar nicht zu reden.

"Schönen Dank auch"

Wobei die Gefahr, dass sich IT-Freelancer einen festen Job gerichtlich erstreiten, in der Praxis eher gering sein dürfte - trotz des spektakulären Daimler-Falls. Freiberufler verdienen in aller Regel deutlich mehr als vergleichbare Festangestellte. Die überwältigende Mehrheit hat - nicht nur deshalb - keinerlei Interesse daran, ihren Status gegen eine Festanstellung einzutauschen.

Bezeichnend in diesem Zusammenhang war der Kommentar eines Freelancers mit der Überschrift "Schönen dank auch", geschrieben als Reaktion auf den Artikel von Stuttgarter-Zeitung.de zur Causa Daimler im vergangenen Sommer: "…Wenn ich dank solcher Chaoten in einen Anstellungsvertrag und damit in das marode deutsche Sozialsystem gezwungen werde, so ist es genau das, was ich nicht möchte."

Gelöst ist das Problem damit allerdings keineswegs. Denn wer Freie wie Feste behandelt, macht sie unter Umständen zu Scheinselbstständigen. Im Extremfall kann das bedeuten, dass das beauftragende Unternehmen Steuern und Sozialabgaben nachzahlen muss und zusätzlich eine Geldstrafe bekommt.

Angst vor Festanstellungen

Senior-Projektmanager werden fast überall gesucht.
Senior-Projektmanager werden fast überall gesucht.
Foto: .shock - Fotolia.com

Auch deshalb überdenken aktuell immer mehr Unternehmen ihre IT-Personalpolitik. Was nicht heißt, dass sie zusätzlichen Bedarf vermehrt durch Festangestellte decken wollen. Populärer wird stattdessen auch in der IT die Zeitarbeit. Hubert Staudt sieht darin sogar "einen der wichtigsten IT-Personaltrends für die kommenden Jahre." Sein Unternehmen will davon profitierten. Staudt verhandelt nach eigenen Angaben aktuell mit gleich mehreren Großunternehmen, die die IT-Arbeitnehmerüberlassung erstmals einführen oder ausweiten wollen.

Der Vorteil liegt darin, dass das beauftragende Unternehmen diesen Externen - anders als bei Freelancern - direkte Weisungen erteilen darf, Rechtssicherheit und Flexibilität werden miteinander kombiniert. Hemmschuh der Entwicklung sind oft die (Ex-)Freelancer selbst; viele wollen nicht in ein Zeitarbeitsverhältnis wechseln. Hubert Staudt: "Vor einiger Zeit hatten wir einen Kandidaten, den mussten wir erst mühsam überzeugen, ein sehr wettbewerbsfähiges Angebot auch anzunehmen."