Privates Surfen am Arbeitsplatz doch zu versteuern

Der so genannte Telefonkostenerlass vom 1. Juli zur Besteuerung der privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz ist entgegen aller Annahmen weiterhin gültig. Das berichtet die Financial Times Deutschland (FTD). Die Vorschrift soll allerdings erst am 1. Januar 2001 in Kraft treten.

Wie tecChannel berichtete, hatte sich das Bundesfinanzministerium (BMF) Mitte Juli nach starken Protesten von der Vorschrift distanziert. Jetzt erklärte Ministeriumssprecher Torsten Albig gegenüber der Financial Times Deutschland, dass der Erlass nur im Zusammenspiel von Bund und Ländern geändert werden könne. "Wir denken aber darüber nach, wie wir unnötige Erschwernisse für die Unternehmen verhindern können", sagte er. Möglicherweise werde der Telefonkostenerlass bereits im September nachgebessert.

Dieser bestimmt, dass privates Internetsurfen künftig wie Telefonieren am Arbeitsplatz behandelt werden soll. Das heißt: Private Telefonate oder Zugriffe auf das Internet müssten aufgezeichnet und von den Arbeitnehmern als so genannter "geldwerter Vorteil" versteuert werden. Dazu müssten die Arbeitgeber allerdings kontrollieren, ob ihre Mitarbeiter das Internet privat oder dienstlich benutzt haben.

Laut BMF-Sprecher Albig würden Angestellte in Unternehmen, die eine Internet-Standleitung hätten, durch privates Surfen keine zusätzlichen Kosten verursachen. In solchen Fällen falle keine Steuer an, und die Arbeitgeber müssten die Internetnutzung nicht kontrollieren. Zudem lägen 99 Prozent der Fälle unter der Bagatellgrenze für geldwerte Vorteile von 50 Mark im Monat, sagte er.

Bei Vertretern der Wirtschaft stieß diese Äußerung Albigs auf wenig Gegenliebe. "Das Argument zeigt nur, wie weit die im Ministerium von der Praxis entfernt sind", erklärte Berthold Welling, Steuerexperte beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gegenüber der Financial Times Deutschland. Die 50-Mark-Grenze werde häufig bereits durch andere Zuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer ausgeschöpft. Er wies ferner darauf hin, dass Angestellte sowieso kontrolliert werden müssten, um die tatsächliche Höhe ihrer Internetkosten festzustellen. Insgesamt sieht Welling einen hohen bürokratischen Aufwand auf die Unternehmen zukommen. Andere Vertreter der Wirtschaft sehen der FTD zufolge durch den Erlass das Fernmeldegeheimnis sowie den Datenschutz verletzt.

Aus technischer Sicht ist die Aussage Albigs über Standleitungen zudem problematisch. Viele Verträge mit Providern sehen zwar einen Pauschalpreis für die Bereitstellung der Leitung und ein gewisses Datenvolumen vor. Wird dieses jedoch überschritten, fallen für das Unternehmen zusätzliche Kosten an. Diese können durchaus durch private Nutzung entstehen.

Auch unter den Finanzministerien der Länder herrsche Klarheit, dass der Telefonkostenerlass nachgebessert werden müsse, so die FTD. Nordrhein-Westfalen plädiert demnach sogar dafür, das private Internetsurfen am Arbeitsplatz gänzlich von der Steuer zu befreien. Auch BMF-Sprecher Albig will eine praxisgerechte Lösung. Die Politik wolle sich nicht dem Vorwurf aussetzen, durch kleinliche Vorschriften die Durchsetzung des Internets in der Wirtschaft zu behindern. (jma)