Dokumentation eines Feldversuches

Papierloses Arbeiten – geht das überhaupt?

Ganz ehrlich, ein komplett papierloses Büro konnte ich mir lange Zeit nicht vorstellen. Sicherlich berate ich Kunden seit vielen Jahren, wie sie weniger drucken und damit sparen können. Aber die Idee, ganz auf bedrucktes Papier zu verzichten, blieb mir fremd – bis unser Werkstudent kam.

Vor etwa sechs Wochen haben wir unserem 20-jährigen Werkstudenten Michael vorgeschlagen, er könne ja versuchen, sämtliches Papier aus seinem Arbeitsalltag zu verbannen. Nach wenigen Tagen erreichte mich eine E-Mail von besagtem Studenten. Darin fragte er mich, ob er mir Angebots- und Vertragsentwürfe künftig in einem digitalen Archiv bereitstellen dürfte und ob ich besagte Entwürfe auch dort korrigieren würde – Begründung: Er wolle sein eigenes Büro tatsächlich papierlos gestalten.

Die Präsentation auf dem Tablet oder doch lieber auf Papier?
Die Präsentation auf dem Tablet oder doch lieber auf Papier?
Foto: Mmaxer - shutterstock.com

Ich stimmte zu, obwohl ich selbst Entwürfe lieber drucke und auf Papier korrigiere. Vermutlich, weil ich einfach wissen wollte, ob der Versuch des jungen Kollegen erfolgreich sein würde. Ich hatte da nämlich meine Zweifel. Aber vielleicht hatte ich die ja zu Unrecht?

Um mir ein besseres Bild machen zu können, besuchte ich den jungen Kollegen vier Wochen später in seinem Büro. Dort erwartete mich eine erste Überraschung: Wo bei mir Ausdrucke, Zeitschriften und Klebenotizen stehen oder liegen, war bei Michael: nichts. Sogar das große Wandregal war leer bis auf einige CD-ROM-Cases und drei Handbücher. Wie war das möglich?

Er erklärte es mir: "Ich habe mir ein digitales Archiv eingerichtet und meine Unterlagen digitalisiert." Nach Rücksprache mit der IT-Abteilung sei er dazu übergegangen, wichtige Arbeitsunterlagen einzuscannen. Diese legte er in einem hochsicheren Cloud-Dateiarchiv mit End-to-End-Verschlüsselung ab, das bereits viele unserer Mitarbeiter nutzen, um Dateien auf sicherem Wege auszutauschen. Ein Grund hierfür sei die hohe Benutzerfreundlichkeit, erklärte mir Michael: "Mit den entsprechenden Apps habe ich per Tablet und Smartphone jederzeit Zugriff auf unsere Unterlagen."

Digitalisiertes Archiv und automatisierte Ablage

So weit, so beeindruckend - das musste ich einräumen. Aber würde das Einscannen nicht sehr viel Zeit in Anspruch nehmen? Nein, versicherte mir unser Werkstudent, würde es nicht: "Klar, der erste Schwung Papier war etwas viel Handarbeit. Aber jetzt, wo Unterlagen einzeln bei mir eingehen, brauche ich fürs Scannen nicht viel mehr Zeit als fürs Lochen und Abheften." Das Kategorisieren, Indizieren und Benennen der beim Scannen erzeugten PDFs übernimmt in Michaels Büro nämlich eine Software, die ohne zusätzliche Server auskommt.

Alle Notizen automatisch vorsortiert, immer dabei, grundsätzlich im Volltext durchsuchbar - ich kannte die Vorteile der Anwendungen natürlich. Aber sie in meinem unmittelbaren Arbeitsumfeld zu erleben war dennoch eine neue Erfahrung. Ich arbeite im selben Unternehmen wie Michael, sogar auf demselben Flur. Trotzdem muss ich Unterlagen, die ich unterwegs brauche, in meine Aktentasche packen. Und wenn ich sie durchsuchen will, muss ich blättern. Das stimmte mich nachdenklich - aber nur kurz. Schließlich, dachte ich, dürfte der bei uns übliche Geschäftsalltag der neuen Papierlosigkeit ein schnelles Ende bereiten.

Papierlos im Alltag: erste Eindrücke

Doch ich sollte mich irren. Denn Michael beließ es nicht beim Einrichten der notwendigen Technik - er ging auch noch von Büro zu Büro, um seinen Feldversuch zu erklären. Und er fragte Vorgesetzte und Kollegen ähnlich wie mich, ob diese seine digitale Arbeitsweise unterstützen würden. Zudem verteilte er großzügig Zugangsdaten zu den Projekt-Workspaces seines Archivs. Die überraschende Wirkung: Der Papierbestand in den Büros und Regalen von einigen Mitarbeitern auf unserer Etage nahm ab - nur ein wenig zwar, aber erkennbar.

Auch mein Schreibtisch war nach einiger Zeit aufgeräumter als zuvor. Benötigte ich in Kundengesprächen oder internen Besprechungen mit unserem Werkstudenten einen Vertrag oder eine Projektinformation, wurde er in seiner Cloud-Archiv-Struktur meist schneller fündig als ich in meiner Aktentasche - ein Vorteil, an den ich mich schnell gewöhnte.