Jubiläum

Newton Messagepad - 20 Jahre danach

Durch Geschwätzigkeit zum Scheitern verurteilt

Wenn heute Apple auf Fragen zu kommenden Neuheiten wie mit einem Mantra "We don't talk about future products" antwortet, hat das seine Ursache nicht zuletzt im Newton. Denn schon ein Jahr vor dem Produktstart hatte CEO John Sculley ausführlich über die neue PDA-Technologie geredet, seinen Worten zufolge sei die Handschriftenerkennung nichts weniger als die "Zukunft des Computings". Diese sei fast fehlerfrei, schwadronierte Apples PR, was die Medien seinerzeit begeistert übernahmen. Verdammt hohe Fallhöhe. Nicht von ungefähr hat Apple Siri vor zwei Jahren in aller gebotener Demut als Beta-Software bezeichnet und bis heute nicht davon gesprochen, die Spracherkennung sei nun wirklich fertig entwickelt.

Sculleys Geschwätzigkeit hatte zudem zur Folge, dass die Konkurrenz ähnliche Produkte fast zeitgleich entwickelt hatte - mit dem iPad war Apple lange Zeit alleine auf dem Markt. Apple stand daher unter Druck, den Newton eher zu früh veröffentlichen zu müssen, ein kaum ausgereiftes Produkt war die Folge - dabei hatten die Ingenieure den Starttermin von April 1992 bereits verschoben. Die fehlerhaften Ergebnisse der Handschriftenerkennung führten zum weiter oben erwähnten Spott, die Marke Newton war bereits zum Start beschädigt. Anstatt nach Apple II und Macintosh der dritte Kassenschlager des Unternehmens zu werden, verkaufte sich das Messagepad nur schleppend, in den ersten Monaten waren es gerade einmal 50.000 Stück. Sculley widerspricht zwar der These vehement, doch dürfte das Scheitern des von ihm so sehr in den Himmel gelobten Produkts der Hauptgrund für sein Ende bei Apple sein, das Ende 1993 kam. MIchael Spindler und Gil Amelio übernahmen für zwei kurze Übergangsphasen, bis Steve Jobs Ende 1996 zurück zu Apple kam, im Sommer 1997 Gil Amelio aus dem Unternehmen drängte und im Februar 1998 die Produktion des Newton endgültig einstellte. Allen Hohn zum Trotz, verbesserte sich die Handschriftenerkennung des Newton in den viereinhalb Jahren seines Bestehens, das Gerät konnte aber weder in Unternehmen noch bei Privatanwendern punkten, zum Standard-PDA entwickelten sich die Produkte von Palm. Der Newton hatte aber unter Apple-Fans treue Anhänger, die noch 2001 im Vorfeld der iPod-Vorstellung von einer Neuauflage des Messagepad träumten. Diesen Träumern entgegnete Jobs harrsch, dass er bei Meetings immer weniger Menschen mit elektronischen Notizblöcken sehe, aber immer mehr mit limitierten MP3-Playern herumlaufen würden - Musik statt Meeting war das Motto.

Verbindung statt Solitär

Neben seiner mangelnden Reife war vor allem die fehlende Verbindung zur Außenwelt ein Misserfolgskriterium für den Newton, wie wir heute am iPad sehen. Bald eine Million Apps für jeden denkbaren Zweck bieten sich heute für iPhone und iPad an, für die Android-Konkurrenz sind es kaum weniger. In heute allgegenwärtige WLAN- und UMTS-Netze lassen sich iOS-Geräte nahtlos einbinden, für den Newton hatte es seinerzeit keine solche Infrastruktur gegeben - 1993 war schließlich der Begriff "Autotelefon" weit gebräuchlicher als "Mobiltelefon". Apple-Ingenieuren waren die Beschränkungen der damaligen Technik bekannt - der Newton war seiner Zeit wohl einfach voraus. Dennoch zeigte schon der Flop von vor 20 Jahren, wohin die Reise des Computings gehen würde. Insofern hatte Sculley Recht behalten, wenngleich er sich in wesentlichen Details irrte.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der TecChannel-Schwesterpublikation Macwelt.