Netzwerk im Mittelpunkt

Zur diesjährigen CeBIT stellt Microsoft die offiziell als endgültig bezeichnete Version des NT-Nachfolgers Windows 2000 vor. Das Server-Betriebssystem bietet neben den vielen Neuerungen an der Oberfläche auch bei der Implementierung des TCP/IP-Stacks einige wesentliche Erweiterungen und Verbesserungen, die wir in einem Überblick vorstellen.

Von: Frank-Michael Schlede

War es zu Zeiten von Windows 3.1 noch nötig, Lösungen von Drittanbietern einzusetzen, um ein Windows-System in heterogen Netzen zu integrieren, so setzt auch Microsoft seit 1990 vollständig auf TCP/IP. Mit dem Erscheinen der Version 3.5 von Windows NT wurde TCP/IP zum Standardprotokoll für die Netzwerkanbindung. Erstmals bei dieser Version des Server-Betriebssystems stellte der Anbieter aus Redmond einen völlig überarbeiteten TCP/IP-Stack zur Verfügung, der die Grundlage für die Netzwerkfunktionalitäten aller weiteren Windows-Betriebssysteme darstellt: Eine 32-Bit-Implementierung des Standard-Protokolls, die aber in sehr vielen Bereichen von Microsoft für Windows-Systeme angepasst wurde.

So spricht Microsoft dann auch gleich von einer ganzen TCP/IPSuite. Sie enthält neben den Kernel-Modulen für die verschiedenen Protokolle unter anderem noch verschiedene Dienste (Services) und natürlich die Schnittstellen zwischen den einzelnen Modulen. Die Spezifikationen für das Transport Driver Interface (TDI) und für das Network Device Interface (NDIS) werden von Microsoft im NT Device Driver Kit (DDK) zur Verfügung gestellt. Um die Verbindung zu Anwendungen im User-Modus zu gewährleisten, stehen zusätzlich noch Schnittstellen auf höherer Ebene zur Verfügung. Die Abbildung im Kasten auf dieser Seite zeigt in einem schematischen Überblick den Aufbau des Netzwerkmodells von Microsoft-TCP/IP. Die folgenden Arten von Netzwerkverbindungen werden standardmäßig unter Windows 2000 unterstützt:

- Ethernet,

- FDDI,

Ring (802.5),

- ATM,

- ARCNET und

- WAN-Verbindungen, beispielsweise über ISDN, X.25 und Wählleitungen.

Erstmals stellt mit diesem Betriebssystem eine Windows-NT-Plattform auch die so genannten "Plug and Play"-Fähigkeiten zur Verfügung. Mit diesen schon unter Windows-9x-Systemen eingeführten Möglichkeiten werden eine ganze Reihe von Bus-Systemen und andere Hardwarestandards unterstützt. Für den Netzwerkbereich bedeutet diese neue Fähigkeit des Betriebssystems vor allen Dingen, dass auch Netzwerkschnittstellen und - Karten automatisch konfiguriert werden und zu jeder Zeit eine neue Karte oder Schnittstelle zum System hinzukommen kann. So wurden laut Microsoft auch alle Komponenten des TCP/IP-Stacks daraufhin angepasst, die "Plug and Play"-Merkmale unter Windows 2000 zu unterstützen.

Die Network Device Interface Specification (NDIS) ermöglicht es den Netzwerkprotokollen der Windows-Betriebssysteme, mit den entsprechenden Treibern der Netzwerkkarten zu kommunizieren. Mit der Version NDIS 5.0 wird jetzt auch ein Power-Management für Netzwerkkarten unterstützt. Dadurch ist NDIS in der Lage, auch die Netzwerkkarten entsprechend "herunterzufahren", wenn das System beispielsweise in den "Standby-Modus" wechselt. Natürlich kann auch ein Ereignis wie das Abziehen des Netzwerkkabels eine solche Anforderung auslösen. Natürlich stehen diese Möglichkeiten nur dann zur Verfügung, wenn die Netzwerkkarte diese Funktionalität ebenfalls unterstützt. Zu den weiteren neuen TCP/IP-Merkmalen, die dem Anwender bei Windows 2000 zur Verfügung stehen, gehören unter anderem:

- automatische private Adresskonfiguration (APIPA = Automatic Private Adress Configuration),

- größeres TCP-Fenster (TCP-Window),

- selektive Bestätigung (Acknowledgement),

- bessere Abschätzung der RTT (Roundtrip Time),

- automatisches Auffinden von ICMP-Routern (Internet Message Protocol),

- DNS Caching (Domain Name Services) und

- die Möglichkeit, NetBIOS über TCP/IP selektiv auszuschalten.

Die automatische Adresskonfi-guration (APIPA) soll es unter Windows 2000 ermöglichen, TCP/IP-Adressen auch dann automatisch zu konfigurieren, wenn kein DHCP-Server (Dynamic Host Configuration) in dem entsprechenden Subnetz zur Verfügung steht. Standardmäßig versucht ein System unter Windows 2000 jedoch zunächst immer, einen DHCP-Server in dem entsprechenden Netzabschnitt zu finden und einen Kontakt zu ihm herzustellen: Kann der Server erreicht werden, so ist die TCP/IP-Konfiguration damit in der Regel beendet und das System steht im Netz zur Verfügung. Wenn jedoch kein Server erreichbar oder vorhanden ist, dann war bisher immer ein Eingreifen des Administrators nötig. Er musste eine entsprechende IP-Adresse "von Hand" konfigurieren. Beim Einsatz von APIPA kann diese Aufgabe nun auch direkt vom Windows 2000-Server übernommen werden. Das System wählt automatisch aus dem Adressbereich zwischen 169.254.0.1 und 169.254.255.254 einen Wert aus, der solange als temporäre IP-Adresse fungiert, bis ein DHCP-Server erreicht werden kann. Die Festlegung der Subnet-Maske erfolgt ebenfalls automatisch auf den Default-Wert 255.255.0.0. Es ist dabei auch sichergestellt, dass beim Einsatz dieser Netzwerkadressen keinerlei Überschneidungen mit gleichen Adressen im Internet auftreten können, da er von der Internet Assigned Number Authority (IANA) speziell für diese Zwecke festgelegt wurde. Diese Art der automatischen Konfiguration bietet sich besonders für den Einsatz im SOHO-Bereich (Small Office, Home Office) und für kleine LANs an. Sie enthebt den Administrator von der zeitraubenden Aufgabe, jeden einzelnen Rechner manuell zu konfigurieren oder gar in einem kleinen Netzwerk einen speziellen DHCP-Server aufzusetzen.

Neben der ebenfalls neuen Möglichkeit, die Übertragungszeit (Roundtrip Time RTT) einer Kommunikation nun besser abzuschätzen, stellt das automatische Auffinden von ICMP-Routern sicher ein wichtiges neues Feature dar. Mit Hilfe von Nachrichten, die über ICMP, dem Internet Control Message Protocol, verschickt werden, können Router, die dieses Protokoll unterstützen, direkt und automatisch im Netzwerk gefunden werden. Diese Art der Suche kommt in der Regel dann zum Einsatz, wenn es darum geht, das Standard-Gateway in einem Netzwerksegment automatisch zu finden, und dieses Gateway nicht über DHCP oder manuell konfiguriert wurde. Die Router-Suche über ICMP verwendet dazu zwei verschiedene ICMP-Nachrichten: die Ankündigung beziehungsweise Antwort eines Routers.

Die Router-Anfrage wird von einem Host-Rechner in das entsprechende Netzwerk oder Netzwerksegment gesendet. Dadurch kann ermittelt werden, welche Router dort zur Verfügung stehen. Als Antwort auf solch eine Anfrage wird eine Ankündigung vom Router geschickt. Zusätzlich senden die Router im Netzwerk solche Ankündigungen regelmäßig aus, um so den entsprechenden Host-Rechnern im Netz mitzuteilen, dass sie verfügbar sind.

Automatische Suche nach den Routern im Netzwerk

Bei Windows 2000-Hosts ist diese Suche nach ICMP-Routern in der Standardeinstellung von TCP/IP bereits aktiviert. Ein Windows-2000-Server, auf dem Routing- und RAS-Services ausgeführt werden, kann so konfiguriert werden, dass er diese Suche nach ICMP-Routern unterstützt. Diese Konfiguration kann direkt im entsprechenden "Snap In" der MCC (Microsoft Management Console) vorgenommen werden, wie im Bild auf dieser Seite zu sehen ist.

Diese wenigen Beispiele zeigen bereits, dass Microsoft bei der Implementierung von TCP/IP im Windows-2000-Betriebssystem sehr viele neue Merkmale integriert hat. Die Umsetzung einer ganzen Reihe von Anforderungen, die schon seit einiger Zeit als RFCs im Internet diskutiert wurden, zeigt zudem, dass man bei dieser Betriebssystemgeneration eher bereit zu sein scheint, auf allgemein akzeptierte Standards aufzusetzen.