Omnipräsentes Internet fördert neue Geschäftsmodelle

Mobilfunker künftig nur mehr Datenprovider

Kein anderes Produkt hat es in derart kurzer Zeit geschafft, den Mobilfunkmarkt so massiv in Richtung Datenverkehr umzukrempeln, wie das iPhone. Provider müssen ihre Geschäftsmodelle mittelfristig auf andere Säulen stellen als die Gesprächsminuten.

"Mobilfunkhersteller und Netzbetreiber haben ihre Produkt- und Markenstrategie als Konsequenz aus dem iPhone-Schock im Grundsatz neu sortiert", sagt Georg Stanossek, Herausgeber des TK-Dschungelführers 2008. So hält es E-Plus-Chef Thorsten Dirks für möglich, dass der Mobilfunk künftig sein Geld mit Werbeeinnahmen und nicht mehr über Gesprächsgebühren verdient. Dirks ist davon überzeugt, dass die Netzbetreiber in spätestens fünf Jahren nur noch Datentransporteure seien. Spätestens dann müssten sich ihre Geschäftsmodelle komplett wandeln: "Der Kunde wird nur noch bereit sein, für eine Breitband-Anbindung zu zahlen - wie heute für den DSL-Anschluss zu Hause", erklärte Dirks auf der Fachtagung "Telekommarkt Europa" in Düsseldorf.

Eine Option wäre es beispielsweise, auf Einnahmen über geführte Gespräche gänzlich zu verzichten und stattdessen mit hoch personalisierter Werbung Geld zu verdienen. Auf dem britischen Markt ging im Herbst des vergangenen Jahres mit Blyk bereits ein vollständig werbefinanzierter Anbieter an den Start. Kunden können kostenlos telefonieren und SMS versenden und als Entgelt gilt das Ansehen von Werbung und die Preisgabe persönlicher Informationen, um gezielte Werbemaßnahmen zu ermöglichen. Allerdings seien die Netzbetreiber nicht die einzigen, die über wertvolle Kundeninformationen verfügen, ist Stanossek überzeugt. So habe Nokia mit der Übernahme von Enpocket mittlerweile einen Spezialisten für das so genannte "Targeted Advertising" an Bord. "Enpocket soll den Nukleus für Nokia Ad Business bilden", so Stanossek. Werbung sei somit integraler Bestandteil von Ovi, der Plattform für alle Webdienste des finnischen Handyherstellers.

Um in der Telekommunikation weiter zu kommen, brauche man nach Ansicht von Trendforscher Lars Thomsen von der Agentur Future Matters jedoch eine neues Verständnis von künstlicher Intelligenz. "Erst wenn Geräte eine höhere Intelligenz bekommen, sind wirklich Systemsprünge möglich. Wir stehen jetzt noch am Anfang eines solchen Prozesses", erläuterte Thomsen beim Handelsblatt-Kongress. Zur Zeit würde die Computerintelligenz noch auf dem Niveau einer Stubenfliege liegen. In fünf Jahren erreiche man die Intelligenz eines Hundes und in zehn Jahren ungefähr die Intelligenz eines Menschen. "Speicher und Bandbreite werden dann in einem für heute unvorstellbaren Bereich liegen - rund 200.000 mal höher als der heutige Standard. Der Zugang zum Internet wird so omnipräsent sein wie elektrischer Strom. Vor allem aber können wir die meisten organisatorischen Aufgaben an persönliche Assistenten delegieren und uns so auf die wichtigen Dinge konzentrieren", bemerkte Thomsen.

Für das Fernsehprogramm ist diese Vision schon Realität. So wurde auf dem Zukunftskongress forward2Business in Halle die Software "TV Digital Personal" vorgestellt. Nach den Interessen des Zuschauers stellt das System personalisierte TV-Kanäle auf Basis des konventionellen TV-Programms und aller verfügbaren Internet-Angebote zusammen. Das Programm wird automatisch generiert und spiegelt die Vorlieben und das Aufnahme-Verhalten des Zuschauers wider. "Meine Prognose ist, dass alle Branchen, deren Unternehmensprozesse sich im Internet darstellen lassen, alle Alltagssituationen, in denen internetbasierte Geräte zum Einsatz kommen, von elektronischen Assistenten bestimmt werden. Spätestens wenn alle Geräte um uns herum ständige Internetverbindungen haben, vom ICE-Sitz über das Auto, Handy, Wohnzimmerfernseher, Kinderbett bis zur Aktentasche, spätestens dann wird jeder von uns einen kleinen intelligenten Helfer haben", bestätigt Sven Gábor Jánszky vom forward2Business-Trendbüro. (pte)