Mindfactory verzichtet auf AMD-Tray-CPUs

Der deutsche Hardwarehändler Mindfactory verkauft AMD-CPUs ab sofort nur noch "boxed". Den Verkauf von so genannten Tray-CPUs (ohne von AMD zertifizierten Kühler) stellt Mindfactory wegen angeblich zu hoher Reklamationsquote ein.

Mindfactory will nach eigenen Angaben in den letzten Monaten 15.000 Tray-CPUs pro Monat von AMD verkauft haben. Jede zehnte verkaufte Tray-CPU von AMD werde später als defekt reklamiert. "Überhitzt", "Die kaputt" oder "Core beschädigt" lauten die Befunde. Laut Mindfactory tauscht AMD mechanisch defekte Tray-CPUs nicht um. Gegen den Händler seien inzwischen rund 300 Klagen von Käufern eingereicht worden. Die Käufer bemängeln darin meist, dass die CPU bereits defekt geliefert worden sei.

AMD-Sprecher Jan Gütter widerspricht der Darstellung von Mindfactory entschieden. Er sieht die Probleme von Mindfactory als hausgemacht an und AMD als vom Händler zu Unrecht beschuldigt. AMD ersetzt laut Gütter mechanisch defekte Tray-CPUs sehr wohl. Allerdings prüfe man die CPU auf die Art des Defekts. Bei berechtigten Mängeln tausche AMD oder der Distributor dann auch die Tray-CPUs aus. Der AMD-Sprecher gab weiter an, dass alle autorisierten Distributoren sowie Großabnehmer wie Alternate und K&M Testmaschinen hätten, mit denen sich in der Regel feststellen lasse, welcher Art der Defekt ist. Stelle sich bei der Prüfung heraus, dass ein verkanteter Kühler zum Defekt geführt habe, liege ein Benutzer-Fehler vor und man könne die Tray-CPU auch nicht tauschen. Die Montage einer empfindlichen CPU sei eine Sache für versierte Benutzer. Laien seien mit einem Komplett-PC oder einer vorinstallierten CPU besser bedient.

Darüber hinaus erscheine es sehr wahrscheinlich, dass Mindfactory seine CPUs nicht bei einem autorisierten AMD-Distributor einkaufe. Im Falle einer Reklamation müsse Mindfactory sich dann an den jeweiligen Zwischenhändler halten. Dass es bei Bezugsquellen außerhalb der AMD-Distributionskanäle Probleme mit der Gewährleistung geben könne, sei nicht verwunderlich, sagte Gütter gegenüber tecCHANNEL.

Dieser Darstellung widerspricht wiederum Mindafctory. "Die Mindfactory AG bezieht seine Ware zum Beispiel von AVNET - einem autorisierten Distributor von AMD und nicht auf dem grauen Markt", teilte Marco Schmidbauer, Marketing Director bei Mindfactory mit.

Das Geschäft mit den Tray-CPUs versucht AMD dennoch seit einem halben Jahr einzudämmen und statt dessen die Boxed-Versionen zu forcieren, zum Beispiel mit einer auf drei Jahre verlängerten Garantie. Das hat unter anderem den Grund, dass die als "Tray" oder auch "Bulk-Ware" verkauften CPUs aus diversen Quellen stammen können, etwa aus dem Überschuss von Herstellern, die in großen Stückzahlen einkaufen.

Der Graumarkt für solche CPUs und seine Quellen sind weitverzweigt und undurchsichtig. Das Händler-Geschäft lebt aber, was Speicher und CPUs betrifft, in der Regel von straff kalkulierten Tagespreisen, die nur kleine Margen versprechen. Der Gewinn wird über die Masse gemacht, da mag der günstige Einkauf im Graumarkt für manchen verlockend sein. Ob diese Ware immer einwandfrei ist, sei dahingestellt.

Eine Boxed-CPU von AMD ist bei PC-Händlern in der Regel um etwa 20 Euro teurer als der nackte Prozessor. Da die Boxed-Version einen Kühler samt Lüfter enthält, die Tray-Version aber nicht, ist dieser Preisunterschied nicht relevant, zumal auf Boxed-CPUs auch noch die längere Garantie besteht. Allerdings sind die Tray-CPUs vor allem bei bastelfreudigen Benutzern wie Gamern und Overclockern beliebt. Diese Klientel gibt sich in der Regel nicht mit dem Boxed-Kühler zufrieden, wie auf jeder LAN-Party durch die Sichtfenster der aufgemotzten Gehäuse zu sehen ist. Diese Gruppe ist also in der Regel nicht bereit für einen Boxed-Kühler mehr zu zahlen, der gar nicht zum Einsatz kommt.

Abgesehen von diesem Dilemma ist die Montage eines Kühlers auf die CPU und in die Halterungsnasen eines Sockel A-Mainboards tatsächlich mit Risiken behaftet. Selbst versierte Benutzer, die schon manche CPU montiert haben, können in der Regel von einigen Zitterpartien berichten. Das mag zwar teilweise auch am Design der Kühler selbst liegen, der Stein der Weisen ist der Sockel-A was die Montage betrifft allerdings nicht. Bietet ein Händler als Service die Kühlermontage mit an, muss der Aufpreis also nicht unbedingt hinausgeworfenes Geld sein. Und wer sich die Montage schon selbst zutraut, sollte zuerst AMDs offizielle Anleitung dazu gelesen haben.

Wie beliebt bei selbstgebauten PCs die AMD-Prozessoren sind, gab Mindfactory in einer an die Presse verschickten Erklärung auch gleich mit an. Den 15.000 AMD-CPUs pro Monat stehen bei diesem Versender nur 3500 Intel-Prozessoren gegenüber. (uba/nie)