Surface Enterprise Initiative

Microsoft will mehr von seinen Tablets in Unternehmen

Microsoft setzt auf Partner, um seine Surface-Tablets verstärkt auch Firmen anzudienen. Angekündigt wurde die "Surface Enterprise Initiative" sicher nicht zufällig einen Tag vor Apples größerem iPad.

Microsoft setzt bei seinem Geschäftsmodell immer schon auf Partner. Das ist auch bei der gestern angekündigten Surface Enterprise Initiative so: Dell wird ab Oktober (dann gibt es vermutlich den Nachfolger des "Surface Pro 3") Surface-Pro-Tablets und Zubehör zunächst an Firmenkunden in Nordamerika verkaufen und in einem ungewöhnlichen Schritt Support und Services für die Geräte anbieten, als hätte es diese selbst gebaut. Anfang 2016 sollen dann die übrigen 28 Länder folgen, in denen Microsoft einen Commercial Channel für Surface-Hardware hat. Weitere Partnerschaften mit Hewlett-Packard (HP), Accenture und Avanade sind laut Microsoft ebenfalls schon eingestielt.

In gewisser Weise reicht Microsoft mit der potenziell lukrativen Enterprise-Initiative auch wieder Partnern stärker die Hand, die der Softwareriese mit seinem Einstieg in den PC-Hardwaremarkt im Jahr 2012 zunächst einmal ziemlich vergrätzt hatte. "Die waren außer sich vor Wut auf Microsoft, als es mit Surface herauskam", erinnert sich bei der "New York Times" Technologieberater Patrick Moorhead von Moor Insights & Strategy, der sich über den Dell-Deal doch sehr wundert: "Darauf wäre ich in meinen kühnsten Träumen nicht gekommen."

Der Gartner-Analyst Steve Kleynhans erkennt in der erweiterten Partnerschaft mit Dell jedenfalls einen Trend. "Die Rolle des PC-Herstellers verändert sich, der reine Fertigungsmarkt verschwindet", sagte der Experte dem "Wall Street Journal". Auf der anderen Seite bräuchten Firmen wie Microsoft in der Hinterhand Service-Anbieter wie Dell, um beim Support die Skalierung und Qualität anbieten zu können, die Enterprise-Kunden verlangten. "Microsoft verkauft Unternehmen heute einer Vielfalt miteinander verwebter Features, abgestellt auf etwas, das sie 'Produktivität' nennen", sagt Kleynhans. "Um das zu liefern, werden sie Hilfe brauchen."

Das räumt auch Microsofts für Surface zuständiger General Manager Brian Hall beim Finanzdienst Bloomberg ein. "Microsoft war nie eine Enterprise-Hardware-Company", sagt Hall. "Sehr große Kunden haben uns gesagt, dass wenn wir mit Surface Standard für tausende Mitarbeiter werden wollen, wir Support- und Services-Fähigkeiten wie eine Dell anbieten müssen." Dell seinserseits wurde von seinen Kunden nach den Microsoft-Tablets gelöchert. "Wir hatten große Kunden, die unser Service-Paket und unseren Vertrieb mochten, uns aber gefragt haben, ob und wann sie von uns ein Surface Pro kaufen können", sagte Kirk Schell, Dells Vice President und General Manager für Commercial Client Solutions, dem US-Wirtschaftsmagazin "Forbes".

Microsoft kommt mit seinem Announcement Apple zuvor, das wahrscheinlich heute Abend (und anderfalls spätestens im Oktober) ein neues, größeres iPad ankündigen wird, das speziell auf Enterprise-Kunden abzielt. Apple hat bereits Partnerschaften mit IBM und Cisco geschlossen, die iOS-Geräten den Weg in die Unternehmen bahnen sollen.

Der Consumer-Markt für Tablets ist mittlerweile ziemlich gesättigt und die anfänglichen Wachstumsraten sind passé, so dass man sich in Cupertino nach neuen Zielgruppen umschauen musste. Forrester hatte kürzlich ermittelt, dass das Wachstum der Tablet-Verkäufe von 43 Prozent im Jahr 2013 und 13 Prozent 2014 heuer auf sechs Prozent abnehmen dürfte; IDC wiederum schrieb im Juli, dass in Firmen immer öfter mit Tablets anstelle herkömmlicher Desktops und Notebooks gearbeitet werde. Microsoft verkaufte im Geschäftsjahr zu Ende 2015 Surface-Geräte im Wert von 3,9 Milliarden Dollar, davon entfiel angeblich 1 Milliarde auf Firmenkunden. Apple setzte im zuletzt abgeschlossenen Quartal (!) noch iPads für 4,5 Milliarden Dollar ab.

Für Surface in Unternehmen setzt Microsoft neben seiner anerkannt guten Hardware auch auf Windows 10. Noch im September will der Konzern im Rahmen des "Insider"-Vorschauprogramms drei neue Windows-10-Features speziell für Unternehmen verteilen, die zum Start der Endverbraucher-Varianten Ende Juli noch nicht fertig waren, als da wären die Enterprise Data Protection (EDP), passwortlose Anmeldung mit Microsoft Passport sowie der Windows Store for Business, über den Firmen eigene Applikationen sideloaden können. Microsoft muss auch bei seinen Firmenkunden für eine möglichst schnelle Verbreitung von Windows 10 sorgen, damit Entwickler überhaupt erwägen können, sich für dessen neues geräteübergreifendes Programmiermodell zu begeistern. (mje)