Microsoft verliert Unbundling-Prozess

Microsoft hat im Streit um den gekoppelten Vertrieb von Software und PCs vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eine Niederlage erlitten. Computerhändler, die nicht vertraglich an Microsoft gebunden sind, müssen nicht Software und Hardware zusammen verkaufen. OEM-Versionen von Windows werden also weiterhin einzeln zu günstigen Preisen zu haben sein.

Nach dem am Freitag veröffentlichten Urteil kann Microsoft Computerhändlern, mit denen kein Vertrag besteht, das sogenannte Unbundling von OEM-Produkten nicht verbieten. Damit wird Microsoft die bisherige Vertriebsweise der Produkte erschwert: Das Unternehmen bietet Herstellern Programme als DSP-Versionen (Delivery Service Pack) zur Erstausstattung mit neuen PCs. Diese DSP-Versionen dürfen nach den Lizenzbestimmungen von Microsoft nur zusammen mit neuer Hardware an den Kunden verkauft werden. Die Einzelhandelsversion des Programms ist dagegen deutlich teurer. Über den Weg von großen Herstellern, die mit Microsoft Verträge haben, zu den kleineren Händlern ist ein grauer Markt entstanden. Der Hersteller liefert wie vereinbart Software und PC aus, der Händler entbündelt die Software und verkauft das Paket separat.

Im Ausgangsfall hatte ein Berliner PC-Händler eine isolierte OEM-Version einem Testkäufer von Microsoft angeboten. Microsoft ist gegen diese Praxis mit dem Argument vor Gericht gezogen, dadurch werde Softwarepiraterie ermöglicht. Der BGH dagegen verneinte den von Microsoft geltend gemachten urheberrechtlichen Anspruch. Zwar stehe dem Urheber ein Verbreitungsrecht zu. Wenn die Programme allerdings erst einmal mit Zustimmung von Microsoft in den Handel gelangt seien, erschöpfe sich dieses Verbreitungsrecht. (Aktenzeichen: I ZR 244/97 vom 6. Juli 2000).

Microsoft befürchtet nun für die gesamte Software-Industrie weitreichende Folgen: Das Urteil bedeute, dass das weit verbreitete und akzeptierte Vertriebsmodell überdacht und entsprechend angepasst werden müsse. Das DSP-Vertriebsmodell ist nach Auffassung von Microsoft verbraucherfreundlich: Die Software sei preisgünstig, und der Kunde habe keinen Aufwand mit der Installation, da das Programm bereits aufgespielt sei. Microsoft wolle daher den Kunden weiterhin ein derartiges Modell anbieten. Auch im Interesse der Fachhändler, die vorinstallierte Systeme verkaufen, werde Microsoft alles versuchen, um das DSP-Modell weiterhin in einer sinnvollen Form anzubieten. Dies erklärte Kurt Sibold, Geschäftsführer der Microsoft GmbH. Sibold wörtlich: "Es gibt verschiedene denkbare Szenarien. Die Ausarbeitung kann jedoch erst nach Prüfung der Urteilsbegründung erfolgen." (uba)