Chile fördert und unterstützt internationale Startups

Mehr Zukunft als Vergangenheit

Was Start-Up Chile auszeichnet

40.000 Dollar ohne Verpflichtung? Nicht ganz. Die ersten 20.000 Dollar erhalten Gründer direkt nach Ankunft im Land. Die zweite Hälfte wird ausgezahlt, wenn eine vorgegebene Anzahl von Punkten "erarbeitet" wurde. Mit einem detaillierten Bewertungssystem steuert die chilenische Regierung den Nutzen für Gründer und Gesellschaft. Es geht nicht ausschließlich um den wirtschaftlichen Erfolg der geförderten Unternehmen. Natürlich sollen sie erfolgreich am Markt agieren und sind angehalten die Fördergelder angemessen zu verwenden. Den Gründern wird aber viel Spielraum eingeräumt.
Nikita Gulin - Gründer von pycno - formuliert den Nutzen für sein Unternehmen: "Gerade für uns als Startup mit eigener Hardwareentwicklung war es besonders interessant schnell einen Prototyp zu entwickeln, ohne dass Geldgeber großen Einfluss auf unsere Arbeiten nehmen. Der Bau von Prototypen erfordert hohe Investitionen, bei denen Kapitalgeber normalerweise mitentscheiden möchten. Bei Start-Up Chile waren wir sehr frei in der Verwendung der Gelder".

"Das erste Ziel der Regierung war es, Chile weltweit als Startup-Standort bekannt zu machen. Dafür war es erforderlich Gründer ins Land zu holen. Das haben wir erreicht. Als nächstes wollen wir Einfluss auf die chilenische Gesellschaft nehmen, selbst High-Tech Unternehmen zu gründen. Da sind wir auf einem sehr guten Weg, wie die Wachstumszahlen bei den Teilnehmern aus Chile zeigen. Die Regierung ist sehr zufrieden mit den Ergebnissen", erläutert Ball den Hintergrund.

Aber es ist kein Laissez-faire. Start-Up Chile behält die Ziele im Blick und steuert das Programm sehr genau. Während des Förderzeitraums von sechs Monaten sind alle Teilnehmer verpflichtet, aktiv Beiträge zur Entwicklung des digitalen Chiles zu leisten. Darunter fallen zum Beispiel Tätigkeiten als Mentoren an chilenischen Universitäten, die Durchführung von regionalen Projekten, die Vorbereitung und Ausrichtung von Workshops für chilenische Gründer oder Publizierungen in internationalen Medien. "Jeder Teilnehmer muss einen Beitrag zur Entwicklung der Startup Szene in Chile leisten. Man bekommt Punkte für die Organisation von Veranstaltungen wie Startup Weekends, Programmier-Workshops für Frauen und vieles mehr. Ich selbst habe rund 50 Personen in verschiedenen Universitäten als Mentor betreut", erklärt Lisandro Pavetti, Gründer von Guarnic. Was zunächst nach Zusatzarbeit klingt, wird von allen befragten Teilnehmern im Ergebnis als sehr wertvolle Erfahrung empfunden.

Pycno-Gründer Nikita Gulin (li.) bei der Arbeit im chilenischen Sommer.
Pycno-Gründer Nikita Gulin (li.) bei der Arbeit im chilenischen Sommer.
Foto: Dirk Stähler

Seit der Gründung im Jahr 2010 wurden insgesamt rund 50 Millionen Dollar in die Ideen internationaler Gründer und die Entwicklung der Startup Szene in Chile investiert. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von über 260 Milliarden Dollar ist das selbst für das nach OECD Kriterien immer noch als Schwellenland klassifizierte Chile keine große Summe. Und der Erfolg zahlt sich aus. Die Arbeiten von pycno werden zum Beispiel bereits in der chilenischen Landwirtschaft - nach dem Bergbau der wichtigste Industriebereich - getestet. "Für uns ist Chile mit seinen großen landwirtschaftlichen Anbauflächen ideal. In England war es sehr schwierig interessierte Farmer zum Test unserer Prototypen zu bewegen. Britische Farmer haben eigentlich genug von allem. Sie bekommen ausreichend Regen und haben fruchtbares Land. In der Regel wollen sie nichts Neues ausprobieren. Hier war das völlig anders. Es besteht ein Interesse an neuen Ideen. Angefangen bei den Farmern bis zur chilenischen Regierung" erklärt Gulin die Reaktion der hiesigen Wirtschaft auf Start-Up Chile.