Kundenkommunikation über das Internet

Electronic Customer Relationship Management (E-CRM) wird als der revolutionäre Weg zum Kunden gepriesen. Doch dahinter stehen komplexe Konzepte, und auf dem Weg zum Erfolg sind sowohl organisatorische als auch technische Herausforderungen zu meistern.

Von: Christian Hock

Das elektronische Kundenbeziehungs-Management ist ein Web-gestützter Ansatz, um Kundenbeziehungen und Geschäftsfunktionen über elektronische Kommunikationskanäle zu intensivieren.

Das Konzept erweitert CRM um die individualisierte Kommunikation und die direkte Interaktion. Der Kerngedanke ist, dem Kunden in Echtzeit Selbstbedienungsfunktionen zur Verfügung zu stellen.

Mit klassischen CRM-Ansätzen werden Mitarbeiter eines Unternehmens im Call Center, im Außendienst oder in der Filiale unterstützt, um durch einen genaueren Informationsstand den Kunden besser bedienen können. E-CRM hingegen gibt den Kunden Instrumente zur Kommunikation mit dem Unternehmen an die Hand.

Stellt dieser Ansatz eine Bedrohung für klassische Vertriebskanäle dar? Ja und Nein. Zum einen können standardisierbare Elemente der Kundenkommunikation gezielt in das Internet verlagert werden, zum anderen wird sich die Kommunikation nie für den Kunden zufriedenstellend vollständig automatisieren lassen. E-CRM sollte somit als Methode für die Interaktion über das Internet im Rahmen eines Multi-Kanal-Managements verstanden werden. Der Kunde profitiert davon, indem er bedarfsgerecht Informationen und Produkte erhält. Darüber hinaus hat er 24 Stunden am Tag Zugang zum Unternehmen. Die Firmen versprechen sich dadurch die Steigerung der Kundenbindung, die Erschließung neuer Absatz- und Geschäftsfelder, effizientere Kommunikation und Kosteneinsparungen im Service.

Eine Studie des Consulting-Unternehmens Plenum mit Fokus auf Finanzdienstleister zeigt, dass zwar heute noch wenige E-CRM-Anwendungen existieren, jedoch das Thema für Entscheider von großem Interesse ist und dass Vorhaben bereits in Durchführung sind beziehungsweise mit höchster Priorität geplant werden. Vor allem Lösungen für das E-Mail-Response-Management und die Personalisierung des Internet-Auftritts werden übergreifend angegangen. 75 Prozent der befragten Unternehmen planen mit höchster Priorität den Aufbau einer personalisierten Website, manche haben bereits erste Projekte initialisiert, und einige wenige verfügen schon über einen personalisierten Web-Auftritt. Im Bereich E-Mail-Response liegt die vergleichbare Angabe bei 80 Prozent der befragten Unternehmen, davon haben bereits ein Drittel ein automatisiertes Mail-Response-System implementiert.

Die Integration der Kanäle und der dahinterliegenden E-CRM- und CRM-Systeme ist technisch gesehen eine enorme Herausforderung. Unbedingt notwendig für die Unterstützung bestehender Kundenbeziehungen über das Internet ist die unternehmensweite und kanalübergreifende Integration der Kundendaten. Es wäre fatal, einem Kunden aufgrund einer schlechten Datenbasis unfokussierte oder falsche Empfehlungen zu unterbreiten. Genauso sollte ein Mitarbeiter im persönlichen Kundenkontakt über die jüngsten personalisierten Angebote über das Internet und die Reaktion des Kunden informiert sein. Da die Daten in unterschiedlichen operativen Systemen gehalten werden, bedarf es einer redundanten und konsolidierten Datenverwaltung in einem Data Warehouse.

Neben einer Integration der Kundendaten über Ansätze des analytischen CRM sollte auch die Geschäftslogik eines Unternehmens kanalübergreifend zusammengeführt werden. Heute liegt die Geschäftslogik für die Kundeninteraktion in den operativen CRM-Anwendungen der einzelnen Kanäle - offline und online. Eine Lösung verspricht das kollaborative CRM, welches Geschäftslogik, beispielsweise eine Cross-Sell-Empfehlung, und Geschäftsprozesse, zum Beispiel eine Kundenanfrage die über verschiedene Kanäle abgearbeitet wird, aus den operativen CRM-Anwendungen herauslöst und in einer kanalunabhängigen Schicht abbildet. Aufgrund der Komplexität sowohl von der Business- als auch von der IT-Seite ist dieser Ansatz jedoch heute nur für die wenigsten Unternehmen erschwinglich, für diese aber auch der einzige erfolgversprechende Ansatz zur Realisierung eines echten Multi-Kanal-Managements.

Um E-CRM einzuführen, bedarf es neuartiger Systeme in den IT-Architekturen. Heute existiert eine Vielfalt von heterogenen Produkten am Markt, die sich aus unterschiedlichen Richtungen entwickelt haben. E-CRM-Logik wird typischerweise mit anderen Funktionalitäten, wie Application-Server-, Content-Management-Diensten oder Data Mining, verknüpft. Die Firma Broadvision beispielsweise bietet eine integrierte Suite dieser Komponenten an. Vignette hat eine Lösung um ihr Web-Content-Management-System gebaut. ATG integriert die Personalisierungs-Engine mit dem J2EE-konformen (Java 2 Enterprise Edition) Application Server. E.Phiphany kommt aus dem Data-Mining-Umfeld und erweitert das Angebot um Personalisierungsprodukte.

Standards sind im Markt noch nicht gesetzt. Im einsetzenden Konsolidierungsprozess lassen sich zwei Entwicklungslinien erkennen: Integrierte Suiten versus komponentenbasierte "Best-of-Breed"-Architekturen. Momentan werden im Zuge des weltweiten Börsencrashs für Technologieunternehmen die Karten neu gemischt - Firmen fusionieren oder werden übernommen. Damit entwickeln sich einzelne Nischen-Player zu Anbietern umfassender Lösungen. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend in den nächsten Jahren fortsetzt und integrierte Lösungen auf Basis einer offenen, technologischen Basis entstehen.

ativen und operativen Systeme zusammengefasst werden.

In vielen Unternehmen liegt die Verantwortung für das Thema "elektronisches Beziehungsmanagement" bei der Marketingabteilung. In der Tat bietet das One-to-one-Marketing über Web-gestützte Technologien ein großes Betätigungsfeld. Die Komplexität der Aufgaben zeigt jedoch, dass sich nicht nur eine Abteilung mit den Aufgaben befassen sollte. Insbesondere die IT-Abteilung muss eingebunden sein. Wichtig ist, dass unterschiedliche Kompetenzfelder eingebracht werden und abteilungsübergreifend harmonisiert wird. Die Automatisierung der Interaktion und der Selbstbedienungsprozesse ergänzt die traditionellen CRM-Tätigkeiten um zusätzliche Aufgaben. Diese liegen vorwiegend in den Bereichen Datensammlung, Kundensegmentierung, Kundeninteraktion und Pflege der Personalisierungslogik.

Die Einführung von E-CRM hängt sowohl von weichen als auch von harten Erfolgsfaktoren ab. Die größte Herausforderung liegt darin, das Grundverständnis des Unternehmens zu verändern und die Wandlung von der "Produktfabrik" hin zum kundenzentrierten Dienstleister zu bewerkstelligen. Eine Digitalisierung einer schlecht geführten Kommunikation durch E-CRM wird nicht erfolgreich sein. Die Qualität und die unternehmensweite Integration der Daten ist ebenfalls absolut erfolgskritisch. Aufwändigste Aufgabe ist es, die notwendigen Daten im Unternehmen zu lokalisieren und die jeweiligen Datenquellen in die Systeme einzubinden. Darüber hinaus gilt es, E-CRM-Systeme in die bestehende Architektur zu integrieren.