Geografische Ortung

Kommerzielle Auswertung von Handy-Verbindungsdaten

Anders als beim Internet werden Mobiltelefon-Daten bisher noch wenig kommerziell genutzt. Angesichts der großen Gewinne, die sich Netzbetreiber erwarten, wird sich das Experten zufolge jedoch bald ändern.

"Verbesserungen bei Speicherlösungen, Prozessoren und Algorithmen erlauben heute, diese riesigen Datenmengen auch in großem Maßstab auszuwerten und für Industrie und Wissenschaft nutzbar zu machen", betont Vincent Blondel, Leiter des Instituts für mathematisches Ingenieurswesen an der belgischen Universität Löwen, im pressetext-Interview.

Im Gegensatz zu Festnetzdaten lassen sich Handyanrufe einzelnen Personen statt Gruppen wie etwa Familien zuordnen. Handynutzung generiert ständig eine riesige Menge von Daten, die unter anderem über Herkunft, Zielnummer, Art und Dauer der Verbindung Auskunft geben. Besonders relevant ist die Identifikation des gerade verbindenden Sendemasts, dank der ein Telefon zur Zeit des Rufaufbaus innerhalb von einem kleinen Radius geortet werden kann.

Die Auswertung dieser geografischen Information hat laut Blondel die besten Chancen, auf anderen Gebieten ausgenutzt zu werden. Möglich seien etwa Lösungen, die Ressourcen der Gesellschaft besser nutzbar machen. "Man denke an Carsharing. Will ich von Ort A nach B kommen, könnte ich dies als SMS-Nachricht eingeben, während das Handy-GPS meine genaue Lage weiterleitet. In einer Zentrale wird das mit Daten von Menschen übereingestimmt, die sich gerade auf diesem Weg befinden. Diese erhalten die Nachricht", veranschaulicht der Experte.

In den USA, wo es traditionell wenig Regulierung gibt, ist die Nutzung solcher Daten bereits weit fortgeschritten. Ein Umsetzungsbeispiel ist hier die Schätzung des aktuellen Verkehrsaufkommens, die bei Google Maps in größeren Städten integriert ist. Dabei wird ausgewertet, wie intensiv die Aktivität der jeweiligen Antennen ist. "Auch soziale Trends sind aus diesen Daten ablesbar und Marketing oder Stadtplanung profitieren. Für die US-Betreiberfirmen bedeutet das, dass schon heute ein bedeutender Teil ihres Einkommens auf den Datenverkauf zurückgeht", so der belgische Mathematiker.