Kevin Mitnick: Vom Superhacker zum Kolumnisten

Wie resozialisiert man einen Hacker? Vor dieser schwierig zu beantwortenden Frage steht zur Zeit der Bewährungshelfer Larry Hawley aus Los Angeles. Er muss eine internationale Berühmtheit betreuen: Kevin Mitnick, den Superhacker, der seit Anfang diese Jahres nicht mehr hinter Gittern ist.

Der 35-Jährige hat eine Gefängnisstrafe hinter sich, weil er mit digitalen Einbrüchen bei Firmen wie Motorola und Sun Microsytems Millionenschäden anrichtete. Anfang 1995 war er nach einer spektakulären Verfolgungsjagd im US-Bundesstaat North Carolina geschnappt worden. Sein Fehler war es, den Computer- Sicherheitsexperten Tsutomu Shimomura verärgert zu haben, der noch raffinierter arbeitete als Mitnick.

Die Falle schnappte zu, nachdem Mitnick in die Computer Shimouras eingebrochen war. Diese spannende Geschichte, auf der auch ein aktueller Spielfilm basiert, erzählte später der New York Times- Reporter John Markoff in exklusiven Artikeln über die Festnahme sowie in dem Bestseller "Takedown". Mitnick will nun nach verbüßter Strafe selber unter die Journalisten gehen: Er plant, als Kolumnist für ein neues Online-Magazin zu schreiben.

In Anzeigen wirbt Contentville.com schon seit Wochen damit, als regelmäßigen Mitarbeiter einen berühmten Kriminellen zu haben. "Sie werden auch hören von: Kevin Mitnick (Computer)" heißt es in der Reklame. Das blieb zunächst eine vorlaute Ankündigung, denn Larry Hawley hatte Bedenken angemeldet.

Der Bewährungshelfer war von der Richterin im Mitnick-Verfahren mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet worden. Die Distriktrichterin Mariana Pfaelzer erinnerte daran, dass Mitnick Anfang der neunziger Jahre erfolgreich untergetaucht war. Sein fast drei Jahre langes Versteckspiel endete erst 1995. Außerdem war der Hacker schon seit dem Teenageralter polizeibekannt.

Jetzt sollen umfassende Auflagen sicherstellen, dass Mitnick nie wieder Unheil anrichten kann. Der Hacker darf drei Jahre lang, während seiner gesamten Bewährungsfrist also, nicht im Internet surfen. Er darf keinen Computer besitzen oder benutzen; als einziges Zugeständnis ist es ihm immerhin erlaubt, zu telefonieren.

Mitnick will sich an alle Auflagen halten, bezahlte schon eine symbolische Wiedergutmachung von 4125 Dollar, und sagte, dass er seine Artikel ja notfalls auch mit einer Schreibmaschine tippen kann. Nach langem juristischem Gezerre setzten sich seine Anwälte nun unter Berufung auf die US-Verfassung durch - immerhin gilt die garantierte Redefreiheit auch für entlassene Sträflinge.

Wie MSNBC berichtete, darf Mitnick jetzt mit dem Segen seines Bewährungshelfers nicht nur als Journalist arbeiten, sondern auch als Berater für Computersicherheit. Für Mitnick ist dies eine große Erleichterung. Er muss schließlich seinen Lebensunterhalt verdienen, und wenn er ohne Zustimmung der Justizbehörden etwa für Contentville.com geschrieben hätte, wäre er möglicherweise wieder im Gefängnis gelandet.

Schon im vergangenen März hatte er Gelegenheit, sein Fachwissen öffentlich zu beweisen. Er trat vor einem Senatskomitee auf und sagte zum Thema Datensicherheit aus. Mit solchen unbezahlten Gefälligkeiten ist jetzt Schluss, in Zukunft will Mitnick auch als gut honorierter Gastredner bei Fachkonferenzen auftreten.

Richtig reich könnte der Superhacker natürlich werden, wenn er ausführlich über seine Taten, die Hatz und die Festnahme von 1995 berichten würde. Aber bis zum Jahr 2007 darf er von einem solchen Buch nicht profitieren, der Verkaufserlös würde an die US-Regierung gehen. Wegen dieser Einschränkungen will Mitnick vorläufig nicht über seinen "Takedown" schreiben. (Tilman Streif/dpa/nie)