Keine Chance für Schnüffler

Der Streit um die Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) nimmt kein Ende. Auch der zweite Entwurf stieß bei Datenschützern und Wirtschaftsvertretern auf wenig Gegenliebe.

Bundeswirtschaftsminister Werner Müller steht zurzeit unter schwerem Beschuss. Seit 1998 versucht sein Ministerium erfolglos, eine neue Rechtsgrundlage zur Überwachung der Telekommunikation zu schaffen. Wenn es nach Strafverfolgern, Innen- und Justizpolitikern geht, soll die bisher gültige Fernmelde-Überwachungsverordnung (FÜV) einem neuen umfassenderen Rechtsrahmen weichen, der den gesamten elektronischen Kommunikationsbereich mit einschließt. Insbesondere das Bundesinnenministerium und die Länderjustizministerien haben sich in der Vergangenheit für eine "lückenlose" Überwachung des Telekommunikations-Verkehrs eingesetzt.

Im Spannungsfeld zwischen den Wünschen der Strafverfolger und den Interessen der beteiligten Wirtschaft scheint sich das Bundeswirtschaftsministerium(BMWi) nunmehr endgültig verheddert zu haben. Seit der Veröffentlichung des ersten Entwurfs vom 11. Mai 1998 sieht sich der Minister einer immer stärker werdenden Front aus Unternehmen, Branchenverbänden, Datenschützern und mittlerweile sogar Abgeordneten der eigenen Regierungskoalition gegenüber. Wie massiv der Widerstand gegen die TKÜV tatsächlich ist, zeigte eine erneute Expertenanhörung des Unterausschusses "Neue Medien" am 5. Juli im Bundestag. Die Runde beschäftigte sich mit zwei Themen: einerseits dem Entwurf der TKÜV und zum anderen mit dem Beitritt zur europäischen "Cyber Crime Convention" (siehe oben). Schon die Verzahnung dieser beiden Komplexe, die nur unwesentlich miteinander zu tun haben, konnte nicht im Sinne der TKÜV-Befürworter sein. Nach Ansicht der geladenen Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft würde eine Umsetzung der Überwachungspläne unverhältnismäßig hohe Kosten ohne entsprechenden kriminalistischen Nutzen zur Folge haben.

Der Ausschussvorsitzende MdB Jörg Tauss (SPD) und mehrere Fraktionskollegen forderten nach der Anhörung einen vollständigen Rückzug des Entwurfs sowie ein Nein zum Cyber-Crime-Abkommen. Die Vertreter von Bundesinnenministerium und Bundesanwaltschaft zeigten sich dagegen von der wirtschaftlichen und insbesondere technischen Kritik nur mäßig beeindruckt. Entgegen einiger anders lautender Meldungen hat das BMWi den Entwurf bisher nicht offiziell zurückgenommen. Allerdings zeigte die parlamentarische Staatssekretärin des Ministeriums, Margarete Wolf, auf dem Linux-Tag in Stuttgart schon einige Distanz zu den Wunschvorstellungen der Strafverfolger. "Wir müssen uns hüten, das Internet aus verständlicher Abwehr gegen Kriminalität einer totalen Kontrolle zu unterwerfen", so die Grünen-Politikerin.