Industrie 4.0

Jetzt schlägt die Stunde der Informatiker

Informatiker und Ingenieure sind die Gewinner

Im anderen ist das Automatisierungsniveau zwar auch höher als heute, die Produktion aber nicht vollkommen autonom und die Entscheidungskompetenz verbleibt bei den Mitarbeitern. Facharbeiter würden nach wie vor eine bedeutende Rolle spielen und die Mitarbeiter am Band weiterhin gebraucht. Gewinner wären wieder Ingenieure und Informatiker. "Weil nur sie die Komplexität der Anlagen verstehen und beherrschen, werden auch unter dieser Annahme mehr von ihrer Sorte gebraucht", ist der Bosch-Mann überzeugt.

Richtig sei aber auch, dass sich die Arbeitgeber bewußt sein müssen, ihre Mitarbeiter mehr denn je für die neuen Aufgaben zu schulen. Ingenieure müssen die Informatik verstehen und andersherum. Automatisierungstechnik ist der Dreh- und Angelpunkt, um die sich das angrenzende Wissen rankt. Das wird eindeutig interdisziplinär sein und setzt sich aus den drei schon genannten Disziplinen Elektrotechnik, Maschinenbau und IT zusammen. "Am Ende der Studie wird nicht stehen, dass wir neue Studiengänge brauchen, sondern welches Wissen wir vermitteln müssen und welche Kompetenzen notwendig sind", sagt Dworschak. Für ihn ist Industrie 4.0 ein Weiterbildungsthema.

In der Informatik geht das für ihn in zwei Richtungen. Daten müssen beschafft, verarbeitet und interpretiert werden - und das in großen Mengen. Das ist Big Data. Aber wie sind sie sie dem Anwender zur Verfügung zu stellen? Formate, Standardisierung, Visualisierung sind Fragen, die zu klären sind. Und die Verantwortlichen haben eine nicht ganz einfache Entscheidung zu treffen, nämlich welche IT die Oberhand gewinnt: in der Produktion läuft vieles über das Manufacturing Execution System, MES, in den Büros über Enterprise-Resource-Planning, ERP. "Angenommen, MES wird zur Datendrehscheibe des gesamten Systems, dann verliert ERP an Bedeutung und mit ihm die Informatiker, die sich darum kümmern." Nach Meinung von Dworschak hat das Produktionssystem leichte Vorteile im Rennen um die künftige Vormacht in der IT. Es gibt aber auch Fälle, in denen der "klassische" CIO die Produktions-IT mitübernommen hat, was sich sicher auch als Zeichen von Vertrauen und Kompetenz in die herkömmlichen IT zu deuten ist. Und in ein paar Jahren dürfte sich das Thema sowieso erübrigen, dann wird es diese Trennung nicht mehr geben.

Industrie 4.0 - Trendthema des Jahres

In der Trendumfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom ist Industrie 4.0 der Aufsteiger des Jahres 2015. Die digitale Fabrik liegt erstmals unter den Top-Fünf-Hightech-Themen. "Industrie 4.0 hat aktuell die größte Dynamik", kommentiert Bitkom-Präsident Dieter Kempf. Bis zum Jahr 2020 sollen in Deutschland dafür rund 10,9 Milliarden Euro ausgegeben werden. In diesem Jahr fließen laut Bitkom-Prognose gut 650 Millionen Euro an Investitionen in IT-Technologien, prognostiziert der Verband. Davon entfallen gut die Hälfte in IT-Dienstleistungen, 125 Millionen in Network Services und weitere 105 Millionen in die IT-Infrastruktur. Weitere 80 Millionen Euro geben Unternehmen für Softwarelösungen im Bereich Industrie 4.0 aus.