Interview mit Nick Allen, Gartner: "Im Markt für Direktoren werden die Karten neu gemischt"

Den Markt für Fibre-Channel-Direktoren (FC) dominiert McData, zweitwichtigster Anbieter ist Inrange. Vor einigen Monaten hat auch Brocade einen Switch der Direktor-Klasse herausgebracht, Cisco wird in Kürze folgen. NetworkWorld sprach mit Nick Allen, Vice President von Gartner, über die aktuellen Entwicklungen.

NetworkWorld: Welcher der Direktoren ist am leistungsfähigsten?

Nick Allen: Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Es hängt sehr stark von den Anforderungen eines Unternehmens sowie den jeweils eingesetzten Applikationen ab. McData hat sicher die größte Erfahrung mit Anwendungen in Direktoren-Umgebungen. Auch Inrange setzt bereits seit vielen Jahren Direktoren ein, insbesondere im Mainframe-Umfeld. Newcomer Brocade wird es deshalb nicht leicht haben. Allerdings spielen sich die Leistungsunterschiede im Bereich von Mikrosekunden ab und sind deshalb im praktischen Betrieb so gut wie nicht zu spüren.

NetworkWorld: Ein internes Papier von IBM schätzt den "Silkworm 12 000" von Brocade als nicht so hochverfügbar ein wie die Direktoren von McData und Inrange. Was meinen Sie dazu?

Allen: Nun, diese Aussage ist sicher zu allgemein gehalten. Der "Silkworm 12 000" von Brocade hinkt lediglich in einem Punkt hinterher: Bei Microcode-Updates per Controller-Failover dauert es bislang 20 bis 30 Sekunden, bis alle angeschlossenen Systeme wieder verfügbar sind. Ab dem nächsten Software-Release wird aber ein unterbrechungsfreier "Stateful Failover" möglich sein.

NetworkWorld: Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten von Brocade im Direktoren-Markt?

Allen: Brocade ist auf einem guten Weg: So werden IBM und EMC den Silkworm 12 000 als OEM-Produkt vertreiben, weitere Partner dürften folgen. Unter den Fabric-Switch-Kunden von Brocade überlegen neun von zehn ernsthaft, den 12 000er zu kaufen. Bei den Fabric Switches ist Brocade klar Marktführer und nimmt im Magic Quadrant von Gartner für 1-GBit/s-FC-Switches die Führungsposition ein. Im Mainframe-Bereich dagegen werden McData und Inrange vorerst unter sich bleiben, da bislang weder Brocade noch Cisco für Ficon zertifiziert sind.

NetworkWorld: Die Hersteller von Direktoren entwickeln laufend neue Funktionen, um zum Beispiel das Trunking über Inter Switch Links zu verbessern oder Quality of Service (QoS) in SANs zu ermöglichen. Welche Rolle spielen diese meist proprietären Erweiterungen für den künftigen Markterfolg?

Allen: Die Hersteller streben danach, sich von der Konkurrenz zu unterscheiden. Für den Anwender können die genannten Funktionen durchaus kaufentscheidend sein. Zwar wünschen sie offene, interoperable Produkte. Gleichzeitig benötigen sie aber bestimmte Funktionen, die oft nicht oder nur zum Teil standardkonform sind. So wird Quality of Service für SAN-Applikationen eine der großen Herausforderungen für die Zukunft sein. Bislang existieren hierfür jedoch keine Standards, sodass den Herstellern gar nichts anderes übrig bleibt, als proprietäre Funktionen zu entwickeln.

Auch die Virtualisierung von Speicherressourcen ist ein wichtiger Bereich. Hier verfolgt zum Beispiel Brocade den Ansatz, Virtualisierungsfunktionen direkt im FC-Switch zu verankern. Ob dies tatsächlich Vorteile beim Betrieb von Speichernetzen bringt, muss sich allerdings erst noch erweisen, wenn die entsprechenden Produkte verfügbar sind.

NetworkWorld: Alle drei Hersteller bieten auch Tools für das Management von SANs an. Wer hat hier die Nase vorn?

Allen: Jeder Anbieter hat einen eigenen Element-Manager für seine Switches. Die umfangreichsten Funktionen bietet "SANavigator" von McData, da diese Managementsoftware eine Ebene höher arbeitet. Allerdings muss McData aufpassen, nicht zu stark in Konkurrenz zu denjenigen OEM-Partnern zu treten, die ebenfalls Lösungen für das SAN-Management anbieten, wie zum Beispiel EMC oder IBM mit Tivoli.

NetworkWorld: Vielen Dank für dieses Gespräch. (cl)