Intel greift AMDs Model Number an

In einer ungewöhnlichen Aktion hat Intel seinen Vertriebspartnern ein Dokument zukommen lassen, das AMDs Model Number für den Athlon XP kritisiert. Die Überschrift: "Die Athlon Model Numbers verwirren ihre Kunden".

Natürlich dauerte es nicht lange, bis das Papier im Original auf der britischen Website "The Inquirer" in einer Meldung auftauchte. Immerhin greift Intel damit erstmals einen Mitbewerber quasi öffentlich an. Zwar ging das Schreiben nur an Händler und Distributoren, stellt aber trotzdem eine offizielle Äußerung von Intel dar. Bisher galt für den Prozessor-Primus die eiserne Regel, niemals Bemerkungen über die Produkte der Konkurrenz zu machen.

Offenbar ist aber AMDs System der Model Number so erfolgreich, dass Intel sich in Zugzwang sieht. Intel-Sprecher Christian Anderka bestätigte gegenüber tecCHANNEL die Echtheit des Dokuments, schränkte aber ein, dass das Schreiben nur für die anvisierte Zielgruppe gedacht sei.

Auch wenn Intel seinen Traditionen jetzt untreu wird, formuliert man im fraglichen Papier recht vorsichtig. Auf der ersten Seite stellt Intel zunächst gezielt gewählte Zitate von AMD zum 1996 eingeführten und 1998 wieder zurückgezogenen "Performance Rating" gegenüber. Die Aussagen widersprechen sich auffallend, sind jedoch mit Bedacht aus Interviews und sauber geschliffenen Pressemitteilungen gepickt. Anders formuliert: PR-Profi Intel führt AMD hier ordentlich vor, was einheitliche Unternehmenskommunikation betrifft.

Auf der zweiten Seite des Papiers legt Intel noch etwas nach und spricht von "Fehlauffassung" (Model Number) und "Realität" (Taktfrequenz). In der Tat ist das Argument kaum von der Hand zu weisen, dass die Model Number nicht linear mit dem Takt skaliert: Wenn sich die Nummer um 100 erhöht, steigt der Takt nur um 66 MHz.

Wenig objektiv sind dagegen die Benchmarks, die Intel als Beleg anführt, warum der Pentium 4 mit Northwood-Kern bei 2000 MHz schneller sein soll als ein Athlon XP 2000+. Gerade mal acht Werte legt Intel vor, unabhängige Tests arbeiten selten mit weniger als zwanzig Messungen. Daher auch das Fazit des letzten CPU-Tests der Kontrahenten bei tecCHANNEL: "Der Pentium 4 dominiert nach wie vor hauptsächlich bei Programmen, die für seinen SSE2-Befehlssatz optimiert sind. Bei den wichtigen Standardprogrammen muss er dem Athlon XP den Vortritt lassen."

Mit dem Hoffen auf SSE2-optimierte Software schließt auch Intels Anti-Model-Number-Papier: "Wenn sich die Software weiter entwickelt und die Benchmarks aktualisiert werden, veralten die "Performance Ratings." Und geschickt formuliert der Takt-Meister noch: "Megahertz sind ein tatsächliches und beständiges Attribut der Prozessorleistung." Dass dieses "Attribut" aber tatsächliche alleinige Aussagekraft hätte, behauptet selbst Intel nicht. Sonst käme bestimmt noch jemand auf die Idee, einen mit 1 GHz getakteten Pentium III gegen einen Pentium 4 mit 1,3 GHz antreten zu lassen. (nie)